Sondertribunal in Den Haag: Taylor spricht von "Lügen"

Der Expräsident von Liberia sagt im Verfahren wegen Kriegsverbrechen in Sierra Leone erstmals aus - und weist prompt alle Vorwürfe der Anklage zurück.

Blockt alles ab: Liberias Ex-Staatschef Charles Taylor. Bild: ap

DEN HAAG dpa | Der als Kriegsverbrecher angeklagte Expräsident Liberias, Charles Taylor, hat die gegen ihn gerichteten Vorwürfe furchtbarer Gräueltaten als "Lügen und Gerüchte" bezeichnet. Bei seiner ersten Aussage als Zeuge der Verteidigung warf er der Staatsanwaltschaft in Den Haag am Dienstag vor, sie habe sich auf gezielt verbreitete Verleumdungen gestützt.

Taylor ist der erste afrikanische Exstaatschef, der sich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor einem internationalen Gericht verantworten muss. Bereits zu Beginn des Verfahrens vor dem Sondergericht für Sierra Leone im April 2006 hatte er sich für unschuldig erklärt und alle elf Anklagepunkte zurückgewiesen. Dem heute 61-Jährigen wird die direkte Verantwortung für blutige Verbrechen von Rebellen während des Bürgerkriegs in Liberias westafrikanischem Nachbarland Sierra Leone vorgeworfen. Zu Beginn der Verhandlung nutzte der Angeklagte eine Frage seines britischen Anwalts Courtenay Griffiths zu einer Breitseite gegen die Staatsanwaltschaft. Auf die Frage, was er davon halte, dass ihn die Anklage "als alles Mögliche von einem Terroristen bis hin zu einem Vergewaltiger" darstelle, sagte Taylor: "Es ist sehr, sehr bedauerlich, dass die Staatsanwaltschaft mich aufgrund von Falschinformationen, Lügen und Gerüchten mit derartigen Bezeichnungen oder Beschreibungen in Verbindung gebracht hat."

Laut der 30.000 Seiten umfassenden Anklage hat Taylor die für extreme Grausamkeiten berüchtigte Rebellentruppe "Revolutionäre Vereinigte Front" (RUF) mit Waffen ausgerüstet und sich damit den Zugriff auf Sierra Leones Diamantenminen gesichert. Er sei mitschuldig an Morden, Terrorakten, Massenvergewaltigungen, sexueller Versklavung, systematischen Verstümmelung von Dorfbewohnern und an der Zwangsrekrutierung tausender Kinder als Kämpfer.

In wochenlangen Anhörungen hatte die Staatsanwaltschaft 91 Zeugen aufgeboten. Darunter viele, denen von Rebellen Hände oder Arme abgehackt wurden. Eine Frau hatte beschrieben, wie sie einen Sack mit abgeschlagenen Köpfen schleppen musste - darunter der Schädel eines ihrer Kinder.

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