DAS ENDE BERLINS
: Off the record

An der Hasenheide steige ich aus dem Bus. Vor mir sehe ich die unverkennbare Charakterglatze des Hamburger Schriftstellers und Exsängers der Expunkrockgruppe Vorkriegsjugend, Jan Off, leuchten, der eigentlich Sir Jan Off heißt, weil er in England wegen seiner Verdienste um die Unterminierung der öffentlichen Moral von deutschenfeindlichen Tories in den Adelsstand erhoben wurde. Jedenfalls ist das meine Erklärung für das Sir. Ich eile ihm hinterher, rufe aber nicht seinen Namen, um ihn zu überraschen. An der Ecke Fichtestraße habe ich ihn eingeholt und lege meine Hand auf seine Schulter, wie das manchmal „Tatort“-Kommissare machen, wenn sie einen schweren Jungen verhaften. Aber die Überraschung verpufft, weil Sir Jan Off gerade telefoniert. Danach habe ich ein Blackout. Als es vorbei ist, steige ich gerade mit Sir Jan Off aus einem U-Bahnhof. Die Gegend ist mir unbekannt. Jan Off wird von Polizisten festgenommen und einer Leibesvisitation unterzogen. Irgendwie verlieren die beiden Beamten aber schnell wieder das Interesse an ihm. Mit anderen Leuten suchen wir eine Gaststätte auf. Alle Tische sind besetzt, aber da Jan Off hier offenbar sehr bekannt ist, werden zwei Tische für uns freigeräumt. Zu uns setzen sich auch die zwei Bedienungen. Als die Wirtin ihnen zuruft, sie sollen ihrer Arbeit nachgehen, sagen sie etwas auf Ukrainisch, und das Lokal lacht. Ich sehe aus dem Fenster. Keine Häuser mehr, nur noch eine langsam ansteigende Wiese. Oben verläuft eine Autobahn. Ich frage den Mann neben mir, ob sich hinter dem Hügel noch etwas befindet oder ob das hier wirklich das Ende Berlins ist, aber der Mann sagt nichts. Jetzt würde ich meinen Psychoanalytiker gerne fragen, was dieser Traum zu bedeuten hat. Aber wenn man mal einen braucht, ist keiner da. KLAUS BITTERMANN