Bei Zerschlagung von Arcandor: Tausende Entlassungen

Der Insolvenzverwalter kündigt harte Einschnitte und die Zerschlagung des Konzerns an. Ver.di fordert für die arbeitlos werdenden Beschäftigten Transfergesellschaften zur Qualifizierung.

Auch bei Karstadt seien noch "nennenswerte Stellenstreichungen" zu erwarten, erwartet der Insolvenzverwalter von Aracandor. Bild: reuters

NÜRNBERG ap/dpa/taz | Wenn der Arcandor-Konzern zerschlagen wird, drohen den Töchtern unangenehme Folgen. Das hat der Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg am Donnerstag deutlich gemacht. Vor allem den Mitarbeitern des insolventen Versandhauses Quelle stehen schlimme Zeiten bevor: Die Arcandor-Tochter Primondo/Quelle will bis Januar 2010 rund 3.700 ihrer 10.500 Stellen streichen.

Die durchweg defizitären 109 Quelle Technik Center sollen so bald wie möglich geschlossen und die Quelle Shops von 1.450 auf rund 1.000 reduziert werden, sagte Görg. Auch bei Karstadt, wo 19 der 126 Kaufhäuser auf den Prüfstand sollen, seien noch "nennenswerte Stellenstreichungen" zu erwarten. Der Umfang der Entlassungen werde vom Erfolg der Verhandlungen über Sanierungsbeiträge abhängen. "Unser Ziel ist es, so viele Häuser wie möglich zu halten", versicherte er. Mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und den Belegschaften stehe man in einem Dialog, der intensiv fortgesetzt werde.

Darüber hinaus gebe es kontinuierliche Gespräche mit den Vermietern, die ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Standorte und Arbeitsplätze leisten könnten. Mit Dienstleistern und Lieferanten verhandele man über Sanierungsbeiträge und Anpassungen bestehender Verträge.

Chancen auf einen Investor für den Gesamtkonzern gibt es knapp drei Wochen vor Eröffnung des offiziellen Insolvenzverfahrens laut Görg kaum noch. "Wir konzentrieren uns also in den nächsten Wochen darauf, die Neuordnung der Primondo-Gruppe und Karstadt zu konzipieren und umzusetzen, die einzelnen Handelssegmente neu zu ordnen und Investoren zu finden", sagte Görg. Den Gläubigerversammlungen wolle er in der ersten Novemberhälfte Sanierungskonzepte zur Abstimmung vorlegen können. Arcandor hatte Anfang Juli wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag gestellt.

An einer Übernahme eines Großteils der Karstadt-Warenhäuser hatte Konkurrent Metro bislang sein Interesse bekundet. Metro-Chef Eckhard Cordes bekräftigte erst Anfang August, ein Zusammenschluss der Kaufhof-Filialen mit den insolventen Karstadt-Häusern zu einer Deutschen Warenhaus AG mache "aus unserer Sicht weiter Sinn". Ein Metro-Sprecher verwies auf diese Aussage. Alles weitere müssten eventuelle Gespräche zeigen.

An den kleineren Primondo-Töchtern hatte sich der Hamburger Konkurrent Otto zeitweise interessiert gezeigt - allerdings nicht für das seit Jahren mit Absatzrückgängen kämpfende Versandhaus Quelle mit seinen 3.600 Mitarbeitern. Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski erklärte jedoch, die einzelnen Handelssparten würden derzeit nur als Ganzes und nicht in Einzelteilen angeboten.

Die Sprecherin der Gewerkschaft Ver.di, Cornelia Haß, forderte am Donnerstag in Berlin für die arbeitslos werdenden Beschäftigten Transfergesellschaften zur Qualifizierung. Dazu müssten auch öffentliche Mittel bereitgestellt werden, sagte Haß. Ulla Lötzer, Bundestagsabgeordnete der Linken, kritisierte die "brutale Marktbereinigung auf Kosten der Beschäftigten", der die Regierung "tatenlos" zusehe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.