Online-Bewertungsportal: NRW plant Spickmich-Behörde

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sommer findet ehrabschneidend, wie Schüler Lehrer auf spickmich.de bewerten. Deshalb führt sie lieber ein eigenes Portal ein.

Lehrer würden auf Internet-Foren wie spickmich.de "teilweise der Lächerlichkeit" preisgegeben. Bild: dpa

KÖLN taz | Nordrhein-Westfalens Schulministerin Barbara Sommer (CDU) sagt spickmich.de den Kampf an. Zum Schuljahresbeginn kündigte sie an, mit einem Online-Bewertungsverfahren der bei Schülern beliebten, bei Lehrern jedoch verhassten Webseite Konkurrenz machen zu wollen. "Ich möchte den öffentlichen Internet-Foren etwas entgegensetzen", sagte die Ministerin.

Ausdrücklich kritisierte Sommer die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Juni zugunsten von spickmich.de. "Dieses Urteil halte ich für ein falsches Signal in Bezug auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Lehrerinnen und Lehrern", sagte sie.

Der BGH hatte die Revision einer Gymnasiallehrerin verworfen, deren Klage gegen die Betreiber des Bewertungsportals zuvor schon vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Köln gescheitert war. Jetzt zieht die betroffene Pädagogin vor das Bundesverfassungsgericht. Sie unterstütze diesen Schritt, betonte Sommer.

Es sei "nur natürlich", dass Schüler das Bedürfnis hätten, sich über ihre Erfahrungen in der Schule und auch ihre Ansichten über ihre Lehrer auszutauschen, so die Ministerin. Auch halte sie deren Kritik für notwendig. Verunglimpfungen durch persönlichkeitsverletzende Veröffentlichungen seien jedoch etwas völlig anderes. So würden Lehrer auf Internet-Foren wie spickmich.de "teilweise der Lächerlichkeit" preisgeben.

Als Alternative dazu plant Sommer nun ein eigenes internetbasiertes Evaluationsverfahren. "Ich möchte eine Rückmeldekultur installieren, die den angstfreien Austausch der Schüler mit ihren Lehrern in einer Weise ermöglicht, die deren Persönlichkeitsrechte wahrt." Als "höchst interessantes Modell" bezeichnete sie das an der Universität Jena entwickelte Verfahren "Schüler als Experten für Unterricht (SEfU)". Dabei können Schüler ihre Lehrer intern auf einem Schulportal bewerten.

Nach der Anmeldung der Klasse auf dem Portal erhält der Lehrer ein Befragungskennwort, mit dem die Onlinefragebögen ausgefüllt werden können. Jeder Schüler beantwortet anonym 35 Fragen zur Qualität des Unterrichts: ob der Lehrer den Unterricht interessant gestaltet, ob Gruppenarbeit stattfindet, ob selbstständiges Lernen gefördert wird. Auch der Lehrer schätzt zu denselben Fragen ein, wie er selbst seinen Unterricht sieht.

Wenn alle Schülerantworten erfasst wurden und der Lehrerfragebogen ausgefüllt ist, sind die Ergebnisse online abrufbar. Am 25. August will Sommer mit den Lehrerverbänden sowie der Landesschülervertretung über die Erprobung sprechen.

Allerdings ist es äußerst fraglich, ob SEfU tatsächlich als Konkurrenz zu spickmich.de taugt. Zu den Ergebnissen hat etwa ausschließlich der betroffene Lehrer Zugang, die Schüler jedoch nicht. Außerdem soll die Teilnahme an dem Projekt für Lehrer freiwillig sein. Wozu das führt, zeigt sich in Sachsen und Thüringen. Den Schulen in den ostdeutschen Ländern bieten die Kultusministerien SEfU bereits seit 2006 an. Vom März 2006 bis Ende 2008 beteiligten sich nur 269 Lehrer an dem Rückmeldesystem. Das heißt, weniger als zehn Prozent aller Lehrer nahmen das Angebot wahr. Nur 155 Lehrer beteiligten sich zwei- oder mehrmals.

Gelassen reagieren die Betreiber von spickmich.de auf die NRW-Initiative. "Wir freuen uns, dass die Politik die Wichtigkeit von Schüler-Feedback erkannt hat", sagte Chefredakteur Tino Keller. Aber spickmich.de werde "die einzige umfangreiche Informationsquelle zu Lehrerleistungen bleiben".

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