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Prozess im KongoMenschenrechtler vor Gericht

Weil er dem Militär Verwicklungen in den Schmuggel von Uran aus Katanga vorwirft, ist ein prominenter Menschenrechtler angeklagt. Das Verfahren gilt als Testfall.

Schürfer in einer der vielen Gruben von Shinkolobwe: Ganz unten strahlt's. Bild: ap

BERLIN taz | In der Demokratischen Republik Kongo soll eine Menschenrechtsorganisation zum Schweigen gebracht werden, weil sie dem Militär Schmuggel mit radioaktiven Erzen vorwirft. Der Präsident von Asadho-Katanga (Afrikanische Menschenrechtsvereinigung Katanga), Golden Misabiko, ist am Mittwoch nach vier Wochen Haft erstmals vor Gericht erschienen. Bei der Anhörung in Katangas Provinzhauptstadt Lubumbashi ging es um einen Antrag auf Haftverschonung aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes des 53jährigen.

"Als wir ihn am Sonntag besuchten, sprach er mit uns über Bauchschmerzen, und am Montag sahen wir, wie er sich übergab", berichtet Misabikos Stellvertreter Guy Mbuya. Eine Entscheidung über den Antrag wird für Freitag erwartet.

Misabiko wird ein "Angriff auf die Sicherheit des Staates" vorgeworfen. Asadho-Katanga hatte im Juli einen explosiven Bericht veröffentlicht, der Kongos Militär beschuldigt, in Schmuggel aus der Uranmine Shinkolobwe verwickelt zu sein. Das Erz aus diesem offiziell geschlossenen Minenkomplex in Katanga, aus dem 1945 das Uran für die Atombombe von Hiroshima kam, werde weiterhin von Schürfern ausgebeutet, die den Geheimdienst, die Bergbaupolizei, die Präsidialgarde und andere Behörden dafür bezahlten.

Soldaten "besetzen strategische Posten an den Haupteingängen zu den Gruben mit dem Segen ihrer Verantwortlichen, denen sie regelmäßig Bericht erstatten und gut gefüllte Umschläge überreichen", so der Bericht. Schürfer müssten an den Kontrollposten Gebühren zahlen oder einen Teil ihrer Förderung zurücklassen.

Der Militärgeheimdienst in der nahen Stadt Likasi, die Leiter des Militärausbildungszentrums Mura, ein traditioneller Führer sowie die Bergbaupolizei hätten zum Handel mit Shinkolobwes Erzen "ein mafiöses Netzwerk" gegründet, so Asadho-Katanga unter Berufung auf Dutzende Interviews. Die Erze würden von der chinesischen Firma Feza Mining, der libanesischen Gruppe Bazano und der lokalen Bergbaufirma Somika angekauft. Bis Januar 2007 habe sogar ein Nordkoreaner in Likasi Uranerze aus Shinkolobwe gekauft.

Kongos Uran macht der internationalen Staatengemeinschaft schon seit langem Sorge. Immer wieder gibt es Gerüchte über iranische oder nordkoreanische Ankäufer. Beim Staatsbesuch von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy im Kongo im März 2009 erhielt die französische Nuklearfirma "Areva" die Exklusivrechte über Kongos Uran.

Golden Misabiko wurde wenige Tage nach Veröffentlichung des Berichts vom Geheimdienst festgenommen, angeblich auf direkten Befehl aus Kinshasa. Weil der Bericht feststellt, die verantwortlichen Teile der Sicherheitskräfte seien direkt der Zentralregierung in Kinshasa unterstellt, gilt dies auch als Teil eines Machtkampfes im Kongo zwischen der Zentralregierung von Präsident Joseph Kabila und der Provinzregierung von Katangas Gouverneur Moise Katumbi.

Ein neuer Dokumentarfilm des belgischen Filmemachers Thierry Michel, Katanga Business, der Katumbi in ein positives Licht stellt, soll Kabila massiv verärgert haben, und das kongolesische Filmteam berichtete dieser Tage von Todesdrohungen.

Unabhängig davon ist der Umgang mit Asadho-Katanga ein Testfall für das Schicksal von Regierungskritikern im Kongo. Hunderte Nichtregierungsorganisationen haben Misabikos Freilassung gefordert. Ein Spitzentreffen zwischen Kongos Regierung und den wichtigsten Menschenrechtsgruppen des Landes wurde gestern aus Solidarität mit Misabiko boykottiert.

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