Ratgeber in Schweden gestoppt: EU will keine Ernährungstipps

Die EU stoppt in Schweden amtliche Ernährungsempfehlungen, die zu weniger Fleischkonsum und zu lokalen Produkten raten. Grund ist der freie Wettbewerb.

Gesunde Ernährung muss in der EU mit dem Wettbewerb Hand in Hand gehen. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Was ist wichtiger: gesunde Ernährung, die Rücksicht auf Klima und Umwelt nimmt, oder das Prinzip der freien Konkurrenz in der EU? Keine Frage für Brüssel. Und prompt hat die EU-Kommission deshalb erst einmal die beabsichtigte Veröffentlichung von Ratschlägen gestoppt, mit der die Stockholmer Lebensmittelbehörde "Livsmedelsverket" den SchwedInnen einige Empfehlungen für gesünderes und umweltfreundlicheres Essen geben wollte.

Doch Tipps wie "Esst weniger Rindfleisch", "Gebt lokal produzierten Produkten den Vorzug" oder "Lieber einheimische Beeren als Bananen" schmecken der EU offenbar nicht. Die schwedische Behörde erhielt von der Kommission nun Bescheid, solche Empfehlungen könnten den freien Markt für Produkte und Dienstleistungen einschränken. Und das ist eben ein Verstoß gegen EU-Recht.

"Man meint, dass selbst wenn wir diese Empfehlungen aus Klima- und Umweltschutzgründen geben, die Konsumenten doch teilweise dazu auffordern, schwedische statt ausländische Waren zu kaufen", sagt "Livsmedelsverket"-Generalsekretärin Inger Andersson. Die davon "nicht ganz überrascht" ist, weil Schweden eben das erste EU-Land sei, das derartige "amtliche" Empfehlungen veröffentlicht habe.

Weshalb auch vorab nicht eindeutig klar war, wo die Grenze zu möglichen Vertragsverletzungen verlaufen könnte. Brüssel habe zwar schon früher Einwände gegen Kampagnen im Stil von "Buy British" gehabt - allerdings hatten diese auch nicht den Umwelt- und Klimahintergrund der jetzigen schwedischen Verbrauchertipps.

Vor einer Veröffentlichung müssten die Ratschläge nun umformuliert und "verdeutlicht" werden, sagt Andersson. Sie hofft, dass man sich mit der Kommission einigen könne, ohne allzu viel streichen zu müssen. Voraussetzung sei, dass mögliche Handelshemmnisse in einem vertretbaren Verhältnis zu den umwelt- und klimapolitischen Zielen stünden. Das betrifft auch den Fleischkonsum.

Stockholm möchte, dass die SchwedInnen nicht nur aus Gesundheitsgründen etwa ein Drittel weniger Fleisch verzehren als die jetzt durchschnittlich 65 Kilo jährlich. Sie sollen der Umwelt zuliebe auch verstärkt auf das - fast durchweg importierte - Rind- und Kalbfleisch verzichten, von dem ein Kilo die Umwelt mit einem CO2-Ausstoß von 15 bis 25 Kilo belastet. Das ist eine viermal beziehungsweise zehnmal höhere Kohlendioxidbelastung als bei Fleisch von den vorwiegend einheimisch produzierten Schweinen und Hühnchen.

Der vorläufige Stopp der schwedischen Ernährungstipps durch die EU-Kommission könnte allerdings einen ganz anderen Effekt haben, als von Brüssel gewünscht. Die Ratschläge haben durch die entsprechende Medienberichterstattung erst recht Publizität erlangt. Liegen sie nun auch nicht gedruckt in jedem Briefkasten - als "Entwurf" kann man sie sich von der Webseite des "Livsmedelsverket" herunterladen. Und sich daran halten - das kann die EU den SchwedInnen nicht verbieten.

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