Praxistest Schwarz-Gelb (II): Wedeln mit den Konservativen

Die CSU ärgert sich auch ein Jahr nach der Landtagswahl noch immer darüber, überhaupt koalieren zu müssen. Und dabei agiert die FDP in der Regierung äußerst brav.

Fraktionsvorsitzender der bayerischen Landtags-FDP: Thomas Hacker Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Auch wenn der Wahlkampf vieles überzeichnet: Der Ärger der jahrzehntelang allein regierenden CSU über den kleinen Koalitionspartner FDP sitzt tief. Als der Chef der CSU-Landtagsfraktion Georg Schmid Ende Juli Journalisten auf das Schloss Neuschwanstein einlud, um auf die ersten Monate der Koalition zurückzublicken, war die Bundestagswahl weit weg. Die FDP nehme sich viel zu viel heraus, jammerte Schmid. "Es muss schon das Richtige mit dem Richtigen wedeln." Er meinte: Der Schwanz wedle in Bayern derzeit mit dem Hund, die kleine FDP mit der großen CSU.

Vergangene Woche wollte die CSU eigentlich den tödlichen Überfall an einem Münchner S-Bahnhof für den Wahlkampf nutzen. Doch die FDP sperrte sich dagegen. Eilig wurde eine Pressekonferenz mit dem bayerischen Innenminister und Hardliner Joachim Herrmann abgesagt. Stattdessen traten der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil von der FDP und Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gemeinsam auf und lobten die sachliche Atmosphäre in der Regierung. Gestandene CSUler nervt so etwas.

Dabei besetzen die FDPler in Bayern mit den Ressorts Wirtschaft und Forschung keine besonders mächtigen Ministerien. Die Liste der Gesetze, die die FDP seit ihrem Regierungsantritt im vergangenen Herbst durchgesetzt hat, ist bescheiden. Seit 1. August dürfen etwa auch in Bayern gleichgeschlechtliche Partnerschaften vor dem Standesamt geschlossen werden. Bis die FDP kam, mussten Homo-Paare in Bayern dafür zum Notar. Im Juli verabschiedete der Landtag ein neues Hochschulgesetz. Auf Wunsch der FDP dürfen die Unis ihre Professoren nun ohne Einmischung des Forschungsministers berufen. Das große Problem der bayerischen Hochschulen löst das Gesetz nicht: Weil Bayern unter Ministerpräsident Edmund Stoiber beschloss, die Schulzeit von 13 auf 12 Jahre zu verringern, drängen 2011 zwei Abiturjahrgänge auf die Unis. Die CSU will dafür nur 38.000 neue Studienplätze schaffen, die FDP 10.000 mehr.

Um den Übertritt von der Grund- auf die weiterführenden Schulen weicher zu gestalten, möchte die FDP die Grundschulzeit auf sechs Jahre ausweiten. Von der CSU bekommen hat sie "Gelenkklassen", eine etwas flexibler gestaltete fünfte Jahrgangsstufe. Seit diesem Sommer gibt es in Bayern ein weniger strenges Rauchverbot in Gaststätten. Die FDP feiert dies als ihren Erfolg. Doch weil das alte, strengere Gesetz der CSU bei Kommunal- und Landtagswahlen massiv Stimmen kostete, hätte es die FDP für die Lockerung womöglich gar nicht gebraucht.

Ihren größten Erfolg hat die FDP nicht am Kabinettstisch errungen: Sie kippte das bayerische Versammlungsrecht. Als die CSU noch allein regierte, beschloss sie, Demonstrationen nur noch mit strengen Auflagen zu erlauben. Demonstrationsteilnehmer sollten von der Polizei gefilmt und dies archiviert werden. Das Gesetz ist nun außer Kraft, weil die FDP mit anderen Parteien vor dem Verfassungsgericht geklagt hatte. Als Koalitionspartner haben die Liberalen ein neues Gesetz ausgearbeitet. Noch immer ist es nicht verabschiedet.

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