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Archiv-Artikel

Heißer Ausstoß

von BERNWARD JANZING

Die Emission von erderwärmenden Treibhausgasen steigt weiter an – dem Kioto-Protokoll zum Trotz. Die internationale Vereinbarung war 1997 getroffen worden, um den weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid zu senken, doch inzwischen erweist sie sich als viel zu lückenhaft.

Wie das UN-Klimasekretariat in Bonn gestern mitteilte, wurden die Emissionen in den entwickelten Ländern zwar zwischen 1990 und 2003 um insgesamt sechs Prozent reduziert, doch weltweit steigen die Emissionen aufgrund wachsender Energieverbräuche in den Entwicklungs- und Schwellenländern sogar weiter an.

Zu den Ländern mit den größten Zuwächsen zählt eine Reihe von Mitgliedern der Europäischen Union (siehe Grafik): Spanien zum Beispiel blies 2003 satte 42 Prozent mehr Klimagas in die Atmosphäre als im Referenzjahr 1990. Auch Finnland mit einem Zuwachs von 22 Prozent und Österreich mit 17 Prozent reihen sich ein in die Liste der großen Klimasünder.

Rückgänge verzeichnen innerhalb der EU lediglich Deutschland mit minus 18 Prozent, Großbritannien mit minus 13 Prozent und Schweden mit minus 2 Prozent. So ist die Europäische Union insgesamt von ihrem Ziel, ihre Emissionen bis 2012 um 8 Prozent zu reduzieren, noch weit entfernt. Bis 2003, dem Berichtsjahr der aktuellen UNO-Studie, hat die EU nur einen marginalen Rückgang von 1,4 Prozent erzielt. Im Vorfeld der 1. Vertragsstaatenkonferenz des Kioto-Protokolls im kanadischen Montreal, die vom 28. November bis 9. Dezember stattfindet, warnt das Klimasekretariat bereits, dass „weitere Anstrengungen notwendig sind, um die Emissionen weiter zu senken“.

Den einzig wirklichen Gewinn für den Klimaschutz der vergangenen Jahre brachte in den letzten 15 Jahren der Niedergang der wenig energieeffizienten Industrie in Osteuropa. Auch Deutschland verdankt seinen Rückgang zu einem großen Teil dem Niedergang der Energie vergeudenden Industrie in Ostdeutschland.

Von den osteuropäischen Ländern erreichte Litauen den besten Wert. Lettland sparte 59 Prozent ein, Estland 51 Prozent. Einige Entwicklungs- und Schwellenländer, wie etwa China und Indien, unterliegen derzeit keiner Reduktionsverpflichtung. Auch sind sie nicht verpflichtet, über ihre Emissionen zu berichten.

Die bescheidenen Erfolge der Vergangenheit sind nicht das Einzige, was Klimaexperten bedrückt. Der Trend der Emissionen geht sogar weiter nach oben, wenn nicht das Kioto-Protokoll in nächster Zeit kräftig nachgebessert wird. Wie Spiegel Online gestern mit Berufung auf das Bonner Klimasekretariat berichtete, sei bis 2010 statt mit einem Rückgang mit einem Anstieg der weltweiten Emissionen um 11 Prozent zu rechnen, im Vergleich zum Basisjahr 1990.

In seinem 157 Seiten umfassenden Bericht „key greenhaus gas data“ hat das Klimasekretariat die Daten von insgesamt 161 Ländern veröffentlicht. Damit hoffen die Herausgeber, eine „anerkannte und leicht lesbare Quelle“ von Daten geschaffen zu haben, die künftig Grundlage der Klimadiskussion sein wird.

Wenn sich in zwei Wochen die internationale Staatengemeinschaft in Montreal trifft, wird man die Zahlen analysieren und weitere Schritte diskutieren. Es ist das elfte Treffen der UN-Rahmenkonvention zur Klimaänderung (UNFCCC). Eine wichtige Frage dort wird sein, ob auch die Entwicklungs- und Schwellenländer nach 2012 Reduktionsverpflichtungen auferlegt bekommen.

Montreal ist übrigens schon einmal als Konferenzort einer wegweisenden Vereinbarung zum Umweltschutz in die Geschichte eingegangen: Im September 1987 wurde dort das Montrealer Protokoll verabschiedet, das den internationalen Ausstieg aus den Ozon zerstörenden Substanzen einleitete.