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Archiv-Artikel

Eine Million für das Recht auf Wasser

EU Die Europäische Bürgerinitiative gegen die Privatisierung der Wasserversorgung nimmt eine erste Hürde. Unterstützer gibt es vor allem in Deutschland und Österreich. Trotzdem ist der Erfolg noch unsicher

BERLIN taz | Mehr als eine Million EU-Bürger haben sich für einen universellen Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung ausgesprochen. Die Initiatoren von right2water.eu haben damit eine wichtige Hürde übersprungen.

Auf den Weg gebracht hatten die Initiative der Europäische Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst. Seit September können Unterstützer online unterschreiben. Bis Anfang Januar waren es 100.000. Dann kam plötzlich mehr Bewegung in die Sache: Die neue EU-Konzessionsrichtlinie wurde öffentlich thematisiert. Diese Richtlinie, die der zuständige Ausschuss des Europaparlaments Ende Januar verabschiedete, sieht vor, dass Kommunen Aufträge rund um die Wasserversorgung zukünftig EU-weit ausschreiben müssen. Ein Zwang zur Privatisierung ist das zwar nicht, diese wird aber in jedem Fall erleichtert. Kritiker befürchten in der Folge deutliche Qualitätsverluste.

Vor allem in den sozialen Netzwerken machte der Link zur Online-Petition die Runde und wurde per E-Mail-Verteiler weitergegeben. Hilfe bekamen die Initiatoren auch vom ZDF. In der Satiresendung „Neues aus der Anstalt“ hielt der Kabarettist Erwin Pelzig einen emotionalen Vortrag über die Europäer, die „keinen Bock mehr haben auf irgendwelche nicht demokratisch gewählten EU-Kommissare, die sich von irgendwelchen geldscheißenden Lobbyisten bei ihren Puffbesuchen in Brüssel reinreden lassen, dass der Markt schon alles richten wird“. Im Anschluss präsentierte er die Internetadresse der Petition auf einem Pappstreifen, weil er sie angeblich nicht einblenden lassen durfte. Auch die ZDF-„Heute Show“ machte die Unterschriftensammlung zum Thema. Beide Male wurden weitere Zehntausende BürgerInnen motiviert, online für das Recht auf Wasser zu unterschreiben.

Für Michael Efler von Mehr Demokratie e. V. ist es ein wichtiger Schritt, dass die Eine-Million-Marke nun zum ersten Mal überhaupt überschritten worden ist: „Wir waren vorher unsicher, ob das in relativ kurzer Zeit überhaupt zu schaffen ist.“ Der Verein hatte sich seit Jahren für mehr Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene eingesetzt. Seit 2012 steht die sogenannte Europäische Bürgerinitiative den BürgerInnen als Einflussmöglichkeit offen.

Ob die Wasser-Initiative überhaupt ein Erfolg wird, ist allerdings noch längst nicht ausgemacht. Denn es müssen nicht nur 1.000.000 Unterschriften gesammelt werden, in mindestens sieben EU-Mitgliedstaaten braucht es auch ein bestimmtes Quorum. Dieses liegt in Abhängigkeit zur Bevölkerungszahl zwischen 4.500 und 74.250 Unterschriften. Deutlich übertroffen wurde es bislang in Deutschland und Österreich, erreicht wurde es inzwischen auch in Belgien. In Italien wurden mit rund 13.000 Unterschriften ein Viertel des Ziels erreicht, in allen anderen Ländern sind es deutlich weniger.

Mathias Ladstätter, der bei Ver.di für die Unterschriftensammlung zuständig ist, vermutet, dass die Deutschen einfach mehr Erfahrung mit Online-Unterschriftensammlungen haben. Zudem betreffe das Thema Wasserprivatisierung Deutschland viel stärker als etwa Frankreich, wo sich auch mit der neuen Richtlinie gar nicht viel ändern würde.

Bis Ende Oktober dauert die Sammelfrist. Sollte die Initiative bis dahin erfolgreich sein, muss sich die EU-Kommission mit dem Vorschlag beschäftigen. Zudem gibt es eine Anhörung vor dem Europäischen Parlament. Zwingende inhaltliche Änderungen ergeben sich aber nicht. Im März stimmt das Plenum des EU-Parlaments über die Konzessionsrichtlinie ab. SEBASTIAN ERB