Kommentar Neue SPD-Spitze: Schritt in den Abgrund

Mit kämpferischen Parolen allein kommt die SPD aus ihrer Krise nicht heraus. Auch die eilfertige Distanzierung von der eigenen Regierungspolitik wirkt wenig glaubwürdig.

Für den SPD-Vorstand beginnt die Woche mit einer Sitzung, auf der über die neue Parteispitze beraten werden soll. Man versteht nicht ganz, warum die Mitglieder sich dafür Zeit nehmen. Ein schöner Herbsttag lässt sich angenehmer verbringen als mit dem pflichtgemäßen Durchwinken einer Entscheidung, die vorab auf die übliche Weise getroffen wurde. Also in vertraulichen Runden, demokratisch durch nichts legitimiert, die in Hinterzimmern tagten. Und die sich auf die Parole verständigt haben: weiter so!

Die Sozialdemokraten haben bei der vergangenen Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg bekommen. Was muss passieren, damit die Verlierer eine offene Diskussion über den künftigen Kurs und die Führungsspitze in den dafür von der Satzung vorgesehenen Gremien zulassen - also Vorstand und Parteitag? Woher nehmen diejenigen, die das Vertrauen der Wähler verspielt haben, die Arroganz zu glauben, sie wüssten am besten, was jetzt getan werden muss?

Es ist ja nicht so, als ob die Antwort auf die Frage nach dem richtigen Weg auf der Hand läge. Nach neuen Antworten und guten Ideen wird gefahndet. Kämpferische Parolen allein, mit denen auf Stimmenfang bei der Linken gegangen werden soll, können nämlich nicht die Lösung sein.

Die Sozialdemokraten werden es nicht schaffen, die Linke links zu überholen. Jede eilfertige Distanzierung von der eigenen Regierungspolitik wirkt ohnehin wenig glaubwürdig. Zumal dann, wenn sie von einem neuen Vorsitzenden vertreten wird, der bisher nicht gerade durch Interesse an Grundsatzfragen aufgefallen ist, sondern eher durch Interesse an der eigenen Karriere.

Auf diese Weise gewinnt man Vertrauen nicht zurück. Die Entwicklung innerhalb der SPD erinnert an einen alten Kalauer: Vor Kurzem stand die Partei am Abgrund. Jetzt hat sie einen großen Schritt nach vorn getan.

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Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

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