B-Movie "Shotgun Stories": Wer Hass sät ...

Sieben Söhne und ein toter Vater: Das Filmdebüt von Regisseur Jeff Nichols, erzählt von einem Familienkrieg und der Trostlosigkeit vorgezeichneter Wege.

Ohne White-Trash-Kitsch: Shotgun Stories. Bild: fugu film

Der junge Regisseur Jeff Nichols hat ein Faible dafür, seine Darsteller in langen Einstellungen vor dem Hintergrund der weitläufigen Landschaften des amerikanischen Südens zu filmen. Diese Vorliebe teilt er mit David Gordon Green, der vor einigen Jahren mit "George Washington", "All the Real Girls" und "Undertow" (in Deutschland allesamt ohne Verleih) das Genre des "Southern Gothic" im Kino wiederbelebte. Nichols und Green sind beide in Arkansas aufgewachsen, die Liebe zu dieser atemberaubend schönen Landschaft wurde ihnen sozusagen in die Wiege gelegt.

Ihr Handwerk haben sie an der renommierten North Carolina School of the Arts (NCSA) gelernt, in deren Filmklassen Terrence Malick offensichtlich einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Nichols Kameramann Adam Stone hat sich seine Meriten an den Sets von Greens ersten Filmen verdient, und diese Handschrift ist in "Shotgun Stories", dem Spielfilmdebüt Nichols, unverkennbar.

"Shotgun Stories" erzählt eine einfache Rachegeschichte, eingetaucht in die warmen Farben des amerikanischen Südens. Im Mittelpunkt von Nichols Film steht ein Mann, der physisch nicht mehr anwesend ist. Er hat, wie es sich für einen Southerner gehört, sieben Söhne hinterlassen, in zwei Familien. Son, Kid und Boy kennen ihren Vater nur aus den Geschichten, die ihre verbitterte Mutter ihnen als Kinder erzählt hat. Vaterlos aufgewachsen, blicken sie auf eine Familie ohne Kontext. Der Hass, den die Mutter in ihren Köpfen gesät hat, zeigt sich am deutlichsten in den undurchdringlichen Gesichtszügen Sons, des Ältesten (bravourös gespielt von Michael Shannon), in denen sich kaum eine emotionale Regung abzeichnet.

Son und seine Brüder finden sich auf der Verliererstraße des Lebens wieder, der Vater gründete nach der Trennung im selben Ort eine neue Familie mit vier weiteren Söhnen. Ihnen ist nach seinem Tod die Trauerarbeit überlassen. Son, Kid und Boy sind allein gelassen mit ihrer Wut, was sie schließlich dazu treibt, die Beerdigung zu stören. Die vier jüngeren Söhne verstehen diesen Affront als Kriegserklärung, die schnell zu einer handfesten Fehde eskaliert. Beide Parteien sind bereit, zur Verteidigung der Familienehre bis zum Äußersten zu gehen.

Nichols kontrastiert die aufgeheizte Stimmung dieser Männergesellschaft immer wieder mit kontemplativen Totalen. Malicks "In der Glut des Südens" ist der große Referenzpunkt von "Shotgun Stories": Das Farmland von Arkansas, die Arbeit auf dem Feld - auch wenn die Maschinen ständig defekt zu sein scheinen (ein Motiv, das sich durch den gesamten Film zieht) - verleihen dem schlichten B-Movie-Plot Gravität.

Son fungiert zweifellos als Nichols Hauptfigur und moralisches Zentrum. Der Zuschauer erfährt wenig über ihn; seine Einschussnarben werden in einem kurzen Nebensatz erklärt, seine Spielsucht zweimal erwähnt. Aber er ist derjenige, der die Konflikte mit dem toten Vater in sich austrägt. An ihm wird es liegen, dem Familienkrieg ein Ende zu bereiten.

Es ist ein hässlicher Konflikt, und man muss es Nichols hoch anrechnen, dass er diese Schonungslosigkeit in adäquate Bilder übersetzt. Wie Green verzichtet er auf White-Trash-Kitsch. Seine Alltagsbeobachtungen wie auch die Sprache der Männer haben etwas Lakonisches. Ein paar schwarze Kids spielen auf einem Betonplatz Basketball, trostlos wirken die Straßenzüge im Herbstlicht, auf dem Feld ist ein Traktor liegengeblieben. Die Menschen haben sich mit den Verhältnissen arrangiert, auch weil sie es nicht besser wissen. Einmal sagt einer der Brüder einen Satz, der in diesen Bildern lange nachklingt. "Ein Leben ist eine verdammt lange Zeit für zwei Menschen."

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