Kontrolle kaum möglich: Afghanische Pistolen

Der NDR deckte auf, dass in Afghanistan Waffen aus deutschen Lieferungen illegal gehandelt wurden. Manche fragen, ob Waffenlieferungen nach Afghanistan überhaupt nötig sind.

Eine Pistole, die in Kabul für 1600 US-Dollar zum Kauf angeboten wurde. Bild: dpa

Es war eine Art Offenbarungseid für das Bundesverteidigungsministerium: Dem Haus sei nichts über den Handel mit deutschen Kleinfeuerwaffen in Afghanistan und Pakistan bekannt, musste ein Sprecher am Montag einräumen. Es werde aber geprüft, ob es doch noch Erkenntnisse gebe. Und es werde auch überlegt, ob künftig noch strengere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssten.

Der Vorfall ist denkbar peinlich für das Verteidigungsministerium: 10.000 in Deutschland ausrangierte Bundeswehrpistolen wurden im Jahr 2006 an afghanische Polizeikräfte geliefert. Formal lief der Handel korrekt ab. Der Bundessicherheitsrat, der für Waffenexporte zuständige Ausschuss des Bundeskabinetts, segnete die Lieferung ab.

Doch einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks zufolge tauchten einige der Pistolen vom Typ P-1 aus Deutschland nun auf dem freien Markt in Afghanistan und Pakistan auf. Die Waffen wurden eigentlich als Teil der deutschen Ausbildungs- und Austattungshilfe für afghanischen Polizeikräfte geliefert, jetzt könnten sie gegen deutsche Soldaten gerichtet werden.

Das Ministerium steht dem hilflos gegenüber. Es konnte am Dienstag keine Angaben darüber machen, wie die Kontrollen künftig wirksamer gestaltet werden könnten.

Experten für internationalen Kleinwaffenhandel halten solche Kontrollen ohnehin für wenig effektiv. "Das Problem liegt im System der afghanischen Polizei", sagte Michael Ashkenazi, Afghanistan-Kenner und Kleinwaffenexperte am Bonner Zentrum für Konversionsforschung (BICC), der taz. Eine wirksame Kontrolle sei nicht möglich. Die afghanische Polizei gehöre zu den korruptesten Teilen des afghanischen Staatsapparats.

Das größte Problem ist laut Ashkenazi aber die schlechte Bezahlung der einfachen Polizisten. Er hält es für wahrscheinlich, dass die jetzt aufgetauchten Waffen einzeln von niederen Rängen verkauft worden sind.

Eine bessere Kontrolle könnte bestenfalls bei der Munition ansetzen, so Ashkenasi weiter, aber auch hier seien die Möglichkeiten sehr begrenzt. Wichtiger sei es, darüber nachzudenken, "ob es tatsächlich nötig ist, einem mit Waffen überschwemmten Land wie Afghanistan zusätzliche Waffen zu liefern."

Recherchen des NDR zufolge hatte die Bundesregierung die Verteilung und Kontrolle der Pistolen ganz den US-Streitkräften überlassen. Ein Sprecher des US-Militärs in Kabul räumte dem NDR-Bericht zufolge ein, nur über 4.563 der 10.000 Waffen Aufzeichnungen zu führen. Der Verbleib der Waffen könne daher nicht verfolgt werden.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte der taz, es habe neben der Lieferung der 10.000 Pistolen keine weiteren Waffenlieferung an die afghanische Polizei oder Armee gegeben. Darüber hinausgehende Ausrüstungshilfe habe sich auf die Lieferung von 32 Fahrzeugen, 20 Tonnen Sanitätsmaterial und 50 Tonnen Winterkleidung beschränkt.

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