Kommentar Pakistan: Die Schicksals-Offensive

Die pakistanische Armee geht im Norden des Landes gegen die Taliban vor. Egal was passiert: Um die pakistanische Demokratie steht es nicht gut.

Lange hat die pakistanische Armee gezögert, nun hat sie doch ihre Offensive im von den Taliban kontrollierten Südwasiristan begonnen. Warum, wurde in der vergangenen Woche deutlich: Mindestens 175 Menschen wurden bei Attentaten getötet, mit denen die Islamisten in letzter Minute das Vorrücken der Streitkräfte verhindern wollten. Damit ist klar: Es geht inzwischen um nicht weniger als das Überleben Pakistans als halbwegs säkularer und demokratischer Staat.

Dabei steckt die Armeeführung um Oberbefehlshaber General Ashfaq Kayani in einem echten Dilemma. Lange Zeit hat sie versucht, der Öffentlichkeit einzureden, dass nicht die radikalen muslimischen Brüder, mit deren Hilfe sie sich den Einfluss im benachbarten Afghanistan sichern wollen, die wahren Feinde des Landes sind, sondern die USA. Die Pakistaner haben es nur zu gern geglaubt. Dass das Militär nun aufs "eigene Volk" schießen soll, ist eine Volte, die der nationalen Psyche kaum vermittelbar ist.

Nur so lässt sich erklären, dass die Armee in den vergangenen Wochen eine wahre Medienkampagne gegen das 7,5 Milliarden Dollar schwere Hilfsprogramm der USA gestartet hat. Kayani muss um jeden Preis den Eindruck vermeiden, er verkaufe das Land an die USA. Dass dabei Präsident Asif Ali Zardari als Büttel der Amerikaner dargestellt wird, obwohl er angesichts leerer Kassen kaum eine andere Wahl hat, als das Geld anzunehmen, nimmt die Armee stillschweigend in Kauf.

Dabei ist völlig offen, ob sich der Kampf gegen die von der Terrororganisation al-Qaida unterstützten Taliban in Südwasiristan überhaupt gewinnen lässt. Selbst die weitaus kleinere Offensive im Swat-Tal im Frühjahr war kein durchschlagender Erfolg, und der Gegner in Südwasiristan ist weitaus mächtiger. Es gibt daher nur zwei mögliche Szenarien: Entweder die Armee kann sich wirklich gegen die Taliban durchsetzen - dann wird sie als die wahre Retterin des Vaterlands stärker sein als je zuvor. Oder sie verstrickt sich in einen nicht zu gewinnenden Guerillakrieg, bei dem sie am Ende dubiose Deals mit den Gegnern schließen muss - was eine bedenkliche Radikalisierung Pakistans zur Folge hätte. So oder so steht es um die pakistanische Demokratie nicht gut.

Die einzige Möglichkeit des Auslands, dem entgegenzuwirken, ist, der Regierung Zardari schnell und unbürokratisch zu zivilen Erfolgen zu verhelfen.

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