Wachschutz am Berliner Uniklinikum: Der Charité ist der Mindestlohn zu teuer

Wachschützer sollen weiterhin nur 5,80 Euro verdienen - dabei fordert Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner 7,50 Euro.

Herausragendes Haus mit herausragend tiefem Lohn: Charité in Berlin-Mitte Bild: dpa

Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner setzt sich für einen Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde an der Charité ein. Laut seinem Sprecher Martin Sand hat die Senatsverwaltung das Universitätsklinikum zu der Prüfung aufgefordert, ob "ohne erhebliche zusätzliche Belastung eine Erhöhung der Bezahlung auf das Mindestlohnniveau erreicht werden kann".

Die Charité wies die Forderung umgehend zurück: Nach ihrer Berechnung würde dies 150.000 Euro pro Jahr kosten und sei innerhalb des vom Land zugewiesenen Budgets nicht zu finanzieren. Die Wachschützer verdienen derzeit lediglich 5,80 Euro brutto pro Stunde. Nachts gibt es einen Zuschlag von 12 Prozent, sonntags von 40 Prozent, an Feiertagen sind es 75 Prozent. Der Senat setzt sich politisch für einen Mindestlohn von 7,50 Euro ein, die Linke fordert sogar 10 Euro. Ein Gesetz, das diesen Mindestlohn bei allen öffentlichen Aufträgen durchsetzen soll, wird jedoch erst im kommenden Jahr im Abgeordnetenhaus behandelt.

Wie viele Wachschützer die Charité hat, will sie "aus naheliegenden Gründen" nicht mitteilen, so die Pressestelle. Die Wissenschaftsverwaltung geht jedoch davon aus, "dass der betroffene Personenkreis, für den die Erhöhung der Bezahlung infrage kommt, relativ klein sein dürfte", so der Zöllner-Sprecher. Er hofft darauf, dass "gegebenenfalls ein Ausgleich innerhalb des Auftragsverhältnisses zwischen der Charité und der Charité Facility Management GmbH gefunden werden könnte".

Diese GmbH ist eines der vielen Beispiele dafür, wie der rot-rote Senat öffentliche Aufgaben auf eigens gegründete, formal privatrechtliche Unternehmen auslagert, um so Kosten zu sparen. Im Jahr 2005 hatte die landeseigene Charité - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts - die Charité Facility Management GmbH gegründet. Das Unternehmen gehört zu 51 Prozent der Charité, den Rest teilt sich ein Konsortium aus Dussmann, Vamed und Hellmann.

Im Jahr 2007 hatte die GmbH im Schnitt rund 2.600 Mitarbeiter; sie arbeiten unter anderem für die Verpflegung der Patienten, in der Telefonzentrale oder als Gärtner. Das Unternehmen ist nicht tarifgebunden. Im Jahr 2008 sparte die Charité durch die Auslagerung 35 Millionen Euro - das sind 24 Prozent der vorherigen Ausgaben. Die Charité weist darauf hin, dass mit 5,80 Euro Stundenlohn für die Wachschützer sogar noch mehr als die marktüblichen 5,50 Euro bezahlt würden.

Der Sprecher von Senator Zöllner erklärt, seine Verwaltung habe "keinen direkten Einfluss auf die Gestaltung der Tarifverträge". Er setze sich allerdings wie der gesamte Senat für einen Mindestlohn von 7,50 Euro ein: "Dies sollte natürlich insbesondere für Beschäftigungsverhältnisse gelten, die im weitesten Sinne dem öffentlichen Dienst zugehörig sind, wie auch für Beteiligungen an Unternehmen." Auch wenn Zöllners Senatsverwaltung den Mindestlohn also nicht per Verordnung vorschreiben kann, so könnte er perönlich über den Aufsichtsrat der Charité Einfluss nehmen - dort führt er den Vorsitz. Der Vorstandsvorsitzende der Charité, Karl Max Einhäupl, ist wiederum Aufsichtsratsvorsitzender der GmbH, bei der die Wachschützer angestellt sind.

Die beiden Geschäftsführer der GmbH, Toralf Giebe und Frank-Michael Frede, sind von dem harten Sparkurs ihres Unternehmens offenbar weniger betroffen: Laut dem Bericht über das Geschäftsjahr 2007 lagen die Gesamtbezüge für die Geschäftsführer in dem Jahr bei 184.600 Euro. Aktuellere Zahlen teilt die Charité nicht mit. Nur so viel: "Die Geschäftsführer werden marktüblich vergütet."

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