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BischofskonferenzBlanke Nerven der Oberhirten

In Freiburg tagt die Bischofskonferenz. Wie diskutieren die Bischöfe die Missbrauchsfälle, was werden sie entscheiden? Die Situation ist sichtlich angespannt.

Tuscheln: Erzbischof Robert Zollitsch (l.) und Bischof Walter Mixa. Bild: dpa

FREIBURG taz | Auf 1.520 Euro kommt der Bischofsstab, silbern glänzend mit goldenem Ring unterhalb der Krümmung. Besonders stolz ist der Verkäufer auf das Messgewand im Schaufenster, beige und handgewirkt, mit einer mächtigen goldenen Borde in der Mitte, die vom Hals bis zu den Füßen reicht. Dafür muss ein katholischer Priester 1.300 Euro berappen, kriegt aber noch eine passende Stola und ein Kelchtuch dazu. Am Dienstag, so erzählt der Paramente-Verkäufer mit badischen Singsang, habe er Besuch von einigen hohen Herren aus dem Hotel gegenüber gehabt. Einer hätte ihm erklärt, dass er ein Kreuz in Brusthöhe auf dem Messgewand nicht so gern habe, weil dann sein Bischofskreuz nicht mehr so gut zur Geltung komme - weshalb er nun dieses Messgewand, ohne Kreuz, ins Schaufenster gehängt habe. Vielleicht kommt es ja heute zu einem Geschäft.

Seit Montag tagen die 67 katholischen Bischöfe Deutschlands in Freiburg, und zwar im Stadthotel Freiburg, just gegenüber des Ladens für liturgische Gegenstände an der Karlstraße. Es ist ihre traditionelle Frühjahrs-Vollversammlung, Routine eigentlich und keiner weiteren Erwähnung wert, ginge der deutsche Katholizismus mit seinen 25 Millionen Mitgliedern nicht gerade durch seine vielleicht größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.

Seitdem vor etwa einem Monat das Berliner Canisius-Kolleg, ein Elitegymnasium der Jesuiten, seine Geschichte von Kindesmissbrauch und Vertuschung öffentlich gemacht hat, jagt eine Enthüllung die nächste über pädophile Vergehen katholischer Priester und anderer Kirchenmitarbeiter, und zwar durch die ganze Republik. Fast alle Verbrechen liegen schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurück - aber die meisten blieben ungesühnt.

Da es in der heutigen Mediengesellschaft auch stark um das Image der Kirche geht, fühlen sich viele Bischöfe mit ihrer Not, ihrem Versagen und ihrer Schwäche allzu sehr beobachtet, ausgestellt im Schaufenster der Öffentlichkeit, die an schönen Messgewändern nicht mehr interessiert ist, sondern fragt: Was habt ihr in Gottes Namen mit unseren Kindern gemacht? Und warum habt ihr so viel so lange vertuscht?

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, hatte zu den Enthüllungen fast einen Monat lang geschwiegen, er wollte die Vollversammlung der Bischöfe abwarten. Bis er am Montag im Priesterseminar seiner Diözese, dem Collegium Borromaeum, vor die Presse trat und das Erwartbare verkündete: Die Kirche entschuldigt sich, alle sind erschüttert, alles werde aufgeklärt - der Missbrauch aber sei kein strukturelles, systemisches Problem der Kirche. Mehr noch, diese Verbrechen hätten "nichts mit dem Zölibat und nichts mit der Sexuallehre der Kirche zu tun".

Letzteres hatte der Osnabrücker Oberhirte Franz Josef Bode, der sogenannte Jugendbischof der Bischofskonferenz, zuvor öffentlich angezweifelt, zumindest leise. Ganz anders der notorische Rechtsaußen des deutschen Katholizismus, Walter Mixa. Der Augsburger Bischof hatte zum "verbreiteten gesellschaftlichen Übel" des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verkündet: "Die sogenannte sexuelle Revolution, in deren Verlauf von besonders progressiven Moralkritikern auch die Legalisierung von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Minderjährigen gefordert wurde, ist daran sicher nicht unschuldig." Außerdem habe es seit 1995 bundesweit rund 210.000 polizeilich registrierte Fälle von Kindesmissbrauch gegeben. Dagegen stünden etwa 100 deswegen in Verdacht geratene katholische Priester oder Kirchenangestellte der deutschen Bistümer im gleichen Zeitraum. Da bewege sich die Kirche doch, so Mixa, "in einem verschwindend geringen Promillebereich".

Das Wort "Promille" fiel in diesen Tagen nicht mehr - es sei denn im Zusammenhang mit der alkoholisierten Autofahrt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann. Die Frage, die die Bischöfe in Freiburg intensiv beschäftigte, lautete dennoch: Was müssen wir tun, um unseren eigenen Skandal aufzuarbeiten? Reichen die Leitlinien aus, die sich die Bischofskonferenz schon 2002 gegeben hat, um den Kindesmissbrauch durch Geistliche zu verhindern und zu ahnden? Tatsächlich ist es, soweit bekannt, seither nur zu wenigen Fällen pädophiler Übergriffe gekommen - fairerweise sei auch erwähnt, dass die jetzige Bischofsgeneration meist noch nicht im Amt war, als in den 1950er- bis 1980er-Jahren das Gros der Verbrechen begangen und kirchenintern verdrängt wurde.

Trotzdem: Jeder Missbrauch ist einer zu viel, war gerade von den Bischöfen in Freiburg öfters zu hören. Und deshalb liegen die Nerven der Oberhirten blank. Geschrien wurde in den Sitzungen wohl nicht, wie aus der Klausur der Bischöfe kolportiert wurde. Aber sehr ernsthaft, ja emotional und betroffen diskutiert.

Wie groß die Anspannung sein muss, war zu erahnen, als Erzbischof Zollitsch am Dienstag im Priesterseminar erneut in einem überhitzten Saal mit herrlichem Blick auf das Münster vor die Presse trat und leicht hysterisch über die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) schimpfte. Die hatte zuvor im Fernsehen die Kirche scharf angegriffen und dabei falsche oder zumindest leicht missverständliche Zahlen zu den Missbrauchsfällen in den Bistümern genannt. Die Ministerin müsse sich binnen 24 Stunden öffentlich korrigieren, forderte Zollitsch und kündigte an, in dieser Sache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonieren zu wollen. Übrigens ging es bei dieser Pressekonferenz eigentlich um die Position der katholischen Kirche zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr - aber das interessierte hier niemanden mehr so richtig, weder Bischöfe noch Presse.

Um die kümmerte sich die Bischofskonferenz dann am Dienstagabend in einer Charmeoffensive der besonderen Art: Auf Einladung der Stabsstelle Kommunikation der Erzdiözese Freiburg wurden dutzende Journalisten in die Katholische Akademie des Bistums eingeladen, zum "Abendessen und Hintergrundgespräch (Thema: Missbrauch und Prävention)". Es sprachen unter anderem der noch recht junge Trierer Bischof Stephan Ackermann, Jahrgang 1963, der Essener Professor für forensische Psychiatrie, Norbert Leygraf, und der Kölner Theologe und Psychiater Manfred Lütz, der auch Mitglied im Päpstlichen Rat für die Laien ist. Der Kern ihrer Aussagen: Missbrauch durch Priester finde nicht überproportional häufiger im Vergleich zur Gesamtbevölkerung statt, und die kirchlichen Leitlinien gegen diese Verbrechen müssten kaum verbessert werden, wenn überhaupt.

Und darauf wird es wohl auch hinauslaufen, wenn Zollitsch heute Nachmittag erneut vor die Presse tritt. Das alte Kartell des Schweigens in der Kirche scheint zusammengebrochen, nun übt sie sich einigermaßen in Transparenz und leichter Reform. Wahrscheinlich werden die Bischöfe eine Arbeitsgruppe einsetzen, um ihre Leitlinien gegen Kindesmissbrauch noch mal zu verschärfen - und insgeheim darauf hoffen, dass dieser Skandal so langsam und stetig wieder aus der Öffentlichkeit verschwindet wie die Affäre um die antisemitischen Pius-Brüder und den Holocaust-Leugner Bischof Richard Williamson vor einem Jahr.

Den Paramente-Laden gegenüber dem Tagungsort der Bischöfe betritt am Dienstag während einer ihrer Sitzungen ein katholischer Priester der Freiburger Diözese mit einem purpurroten Ministrantenumhang. Seine 120 Messdienerinnen und Messdiener, sagt er dem Verkäufer, bräuchten einfach neue Umhänge, die alten seien langsam abgewetzt. Eine Katastrophe, meint der Geistliche, sei der ganze Missbrauchsskandal. Kürzlich habe er drei Stunden lang den Erstkommunion-Kindern in der Kirche die Beichte abgenommen - ein komisches Gefühl, denn er wisse gar nicht mehr, was in den Familien nun von solch einer Situation gedacht werde. Schon jetzt gebe es Richtlinien, bei Ausflügen als Erwachsene immer nur zu zweit in die Zimmer der Kinder zu gehen und nie, nie in deren Duschräume.

Wenn der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche noch lange weitergeht, wird sie bald kein Geld mehr für teure Messgewänder haben. Sie wird es für Entschädigungen brauchen.

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14 Kommentare

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  • S
    Svend

    @Klaus Füller

     

    Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag - alle Achtung, diese Informationen werden auch mich zu vertiefender Recherche anhalten. Sehr brisante Fakten -schön, dass sie diese so gut gesichtet und zusammengetragen haben.

     

    zu einigen anderen Kommentaren hier kann ich nur im Sinne Helge Schneiders sagen: "Ein Streitgespräch kann ja gar nicht zu Stande kommen, denn die Intelligenzen der Teilnehmer sind ja verschieden!"

    -unsachlich und geradezu kindisch, was da teilweise hervorgebracht wird, da wird von 2000 Jahren Starrsinn geredet...da kein Mensch 2000 Jahre alt wird, werden Sie es nur auf 80 Jahre des Starrsinns bringen!

  • E
    Eberhard

    Die Oberhirten haben Nerven: schwarze!

    Da wird ein erdachter Gott zelebriert, selbstverständlich männlich, selbstverständlich weiss,

    selbstverständlich immer zugegen und war schon ewig da. Nur hat ihn bisher noch keiner gesehen. Vermutung

    "irgendwo da oben", der Teufel aber hier!

    2000 Jahre Kriminalgeschichte, Lügen, Tod, Mord. 2000 Jahre Starrsinn. Staatlich geschützt.

    Das ist hübsch!

  • T
    tsaG

    Zölibat abschaffen!

     

    Das wäre ein Dienst an den Gläubigen.

  • KF
    Klaus Füller

    Nachtrag: Die Argumentationsweise der katholischen Kirchenvertreter folgt einem Rezept von Schopenhauer in "Die Kunst, Recht zu behalten":

     

    Kunstgriff 28

    Dieser ist hauptsächlich anwendbar, wenn Gelehrte vor ungelehrten Zuhörern streiten. Wenn man kein argumentum ad rem hat und auch nicht einmal eines ad hominem, so macht man eines ad auditores, d. h. einen ungültigen Einwurf, dessen Ungültigkeit aber nur der Sachkundige einsieht; ein solcher ist der Gegner, aber die Hörer nicht: er wird also in ihren Augen geschlagen, zumal wenn der Einwurf seine Behauptung irgendwie in ein lächerliches Licht stellt: zum Lachen sind die Leute gleich bereit; und man hat die Lacher auf seiner Seite. Die Nichtigkeit des Einwurfs zu zeigen, müßte der Gegner eine lange Auseinandersetzung machen und auf die Prinzipien der Wissenschaft oder sonstige Angelegenheit zurückgehn: dazu findet er nicht leicht Gehör.

  • KF
    Klaus Füller

    Ich habe inzwischen recherchiert:

     

    Eine Verteidigungsstrategie der katholischen Kirche scheint zu sein, dass ihre Vertreter Kindesmissbrauch in den katholischen Institutionen (im Wortsinn) relativieren, indem sie nämlich mit sexuellen Straftaten andernorts _ins Verhältnis_ gesetzt werden. In zwei Artikeln zitiert beispielsweise die TAZ statistische Aussagen der katholischen Kirche: "Familie gefährlicher als Priester" (22.2.) und "Blanke Nerven der Oberhirten" (24.2.). Diese Argumente finden im Augenblick weite Verbreitung.

     

    Im Artikel vom 24.02.wird Herr Mixa mit folgenden Zahlen zitiert: seit 1995 seien 210.000 "polizeilich registrierte Fälle von Kindesmissbrauch" bekannt, denen etwa 100 "in Verdacht geratene katholische Priester oder Kirchenangestellte der deutschen Bistümer" gegenüber stünden. Herr Zollitsch hält, laut Artikel vom 22.2., das Risiko des Missbrauchs in Familien für 36 Mal größer als "beim Kontakt mit einem katholischen Priester".

     

    Die Angabe von Zollitsch erscheint völlig hilflos, weil nicht klar wird, was verglichen wird? Soll das Risiko 36-mal größer sein pro Kontakt? Das kann nicht stimmen, dann wie misst man "Kontakt" in einer Familie. Ist das Risiko 36-mal größer pro Stunde? pro Tag? Hat er Täterzahlen durch Familien (mit Kindern) geteilt und dies ins Verhältnis zum ihm vielleicht bekannten Anteil Pädophiler an der Priesterschaft gesetzt?

     

    Mixas Angaben sind interessanter und überraschenderweise nachprüfbar: Eine kurze Netzrecherche liefert als Mixas Quelle die polizeiliche Kriminalstatistik http://www.bka.de/pks/zeitreihen/pdf/t01.pdf. Addiert man die dort angegebenen Fallzahlen des Schlüssels "131000: sexueller Missbrauch von Kindern" zwischen 1995 und 2008 erhält man tatsächlich die genannte, erschreckende Anzahl von 210.000 Fällen. Diese vergleicht Mix aber nun mit den Täterzahlen (und nicht mit den Fallzahlen) in seiner Organisation. Addiert man jedoch die Täterzahlen in der genannten Statistik, kommt man (nur) auf 129.000 Täter.

     

    Bei den Taten in den katholischen Institutionen handelt es sich aber nicht um allgemeine Delikte nach §176ff StGB sondern speziell um sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, der in §174 StGB definiert ist. Diese Fall- und Täterzahlen werden in der Kriminalstatistik unter dem Schlüssel 113000 erfasst - und zwar sowohl was Missbrauch an Kindern wie auch an Jugendlichen betrifft. Die Täterzahlen zwischen 1995 und 2008 summieren sich hier zu etwa 21.000 Personen bei einer Fallzahl von 25.000. Dieser Statistik umfasst aber nicht nur Delikte an Schulen sondern auch Missbrauch durch Eltern und andere Vertrauenspersonen.

     

    Aus einer Statistik aus Baden-Württemberg vom Dezember 2009 (http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/5000/14_5619_d.pdf) ist zu entnehmen, dass es diesem Bundesland im Verlauf von 5 Jahren zu 8115 Fällen des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen nach §174 gekommen ist. Davon fanden 315 Missbrauchsfälle, also 3,88% an öffentlichen oder privaten Schulen statt. Geht man davon aus, dass dieses Verhältnis auch für die Täterzahlen und auch bundesweit zutrifft, kann man damit rechnen, dass die Missbrauchsfälle nach §174 an Schulen und ähnlichen Einrichtungen von weniger als 900 Tätern bei weniger als 1000 Fällen bundesweit begangen wurden.

     

    Inzwischen geht man von deutlich über 100 nun entdeckten Tätern in den katholischen Institutionen aus. Das sind mehr als 10% der Täter und wahrscheinlich mehr als 10% der an Schulen und vergleichbaren Einrichtungen begangenen Taten. In mehreren Quellen, beispielsweise in http://schule.erzbistum-koeln.de/marienberg/marienberg.jetzt/wozukatholisch/, geben

    katholische Institutionen stolz an: "Damit liegt der Anteil von Schülern, die in Deutschland an katholischen Schulen unterrichtet werden, etwas über drei Prozent der Gesamtschülerschaft in unserem Land."

     

    Herr Mix, Herr Zollitsch und andere Vertreter der katholischen Kirche weisen zu Recht darauf hin, dass man keine katholische Schule besuchen muss, um missbraucht zu werden. Missbrauch außerhalb einer Schule oder vergleichbaren Einrichtung ist viel ist häufiger als innerhalb.

     

    Vergleicht man aber katholische Bildungseinrichtungen mit Schulen im Allgemeinen, scheint man keinesfalls davon sprechen zu können, dass das Risiko des Missbrauchs in einer katholischen Institution geringer ist als an den Schulen im Durchschnitt.

  • W
    Wolfgang

    Gefunden bei "Neues Deutschland:

    Pfarrer Andrzej Grefkowicz stellte fest: »Der Grundfehler unserer Zeit besteht in der Nichtwahrnehmung der Existenz des Bösen.« Damit kann man durchaus übereinstimmen. Die Frage bleibt jedoch: Nimmt das Böse tatsächlich eine personifizierte Gestalt an?

     

    Die Exorzisten sind da absolut sicher und wollen dem immer lauter werdenden Verlangen der Gottgläubigen nachkommen, das Böse wirksam zu bekämpfen. Es lockt, quält und macht schließlich besessen. Die Konferenzteilnehmer gaben zu, dass sich die Beherrschung durch den Teufel faktisch so äußern könne, wie es in zahlreichen Filmen dargestellt wird. Es könne aber auch anders, milder aussehen. Wie – das erfährt unsereiner auf der Webseite egzorcysta.org. Da ist zu lesen, dass es mit Depressionen und Hoffnungslosigkeit beginnt oder aber mit anhaltenden Bauch-, Rücken und Halsschmerzen. Die Römisch-katholische Kirche brauche dringend neue »qualifizierte Kräfte«, um der Nachfrage der Kirchengemeinden nachzukommen. Derzeit werden deswegen in Polen weitere Exorzisten ausgebildet – so wie es Papst Benedikt will, der weltweit einen Bedarf an 3000 neuen »besonders wertvollen Dienern an der Kirche« sieht. Man ist versucht zu fragen, ob das angesichts des wirklichen Bösen in der Welt ausreicht?

    Und was sagen Zollitsch-Mixa-Müller-Meisner dazu???

  • S
    Svend

    Ich kann nur denjenigen gratulieren, die in diesen abscheulichen Taten eine Bestätigung ihrer Verachtung der Katholischen Kirche sehen - denn, wie es in der Bibel steht, ihr habt euren Lohn bereits erhalten!

     

    Ich stimme einem jedem zu, welcher der Meinung ist, dass die Vorfälle rückhaltlos aufgearbeitet werden und auch die so genannten "Vertuscher" öffentlich genannt werden - dies jedoch in der Rechtspraxis umzusetzen bleibt Utopie. Es gibt meiner Meinung nach nichts Verachtenswerteres als eine unbeteiligte Autorität, die aus kühler Berechnung das verschleiert, was kranke Seelen in ihrem abartigen und zügellosen Trieb anrichten.

     

    Aber auch verachtenswert genug ist es, dass hinter all der Berichterstattung - und auch in diesem Bericht, wie auch den Kommentaren (von "Blub" - wie konstruktiv liebe TAZ! Wichtig dieser Person das Recht auf Meinungsäußerung zu gewähren) - eine klammheimliche Häme zu spüren ist - man siehe nur die merkwürdige Bildunterschrift, die Artikeleröffnung und den letzten Satz.

    Ob Spiegel, oder Bild-Zeitung - kaum Bedauern über das Leid der Opfer, aber auch kaum Wut den Tätern gegenüber. Sondern ausschließlich neunmalkluge Kritik an den Moralvorstellungen der Kirche, die ja nun "gottlob" endgültig als verlogen und unsinnig bewiesen sind!

  • P
    Pandar

    @ Wolfgang: "Wann übernimmt eigentlich hier jemand die Verantwortung."

     

    Niemand übernimmt in der katholischen Kirche je die Verantwortung für irgendwas, weil sich niemand persönlich verantwortlich fühlt.

     

    Als die Welt in blutigen deutschen Trümmern lag war's der Führer (denn der war ja schon tot). Millionen von Katholiken waren zu ergebenen Mitfaschisten geworden und hatten sich als uniformierte und beamtete Mitläufer an allen bestialischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt.

     

    Bei den Tausenden Fällen von sexueller Gewalt gegen Kinder weltweit (siehe USA) entsteht ein unaufhaltsam wachsendes Glaubwürdigkeitsloch.

     

    Die Öffentlichkeitsstrategie: Anfangs erstmal beschwichtigen, verharmlosen, abmildern, ablenken, zerstreuen,divergieren, kleinreden, haarspalten, selbstbewußt herunterlügen, verjähren, sprachlich entschärfen.

    Zwischendurch eine kleine Gegenattacke und dann alles dem Treibsand des schnellen Vergessens unterschieben.

  • A
    anonym

    Eine Arbeitsgruppe. Das ist unterm Strich, was dabei herauskommt, wenn die Katholische Kirche sich zu Aufklärung und Kooperation bei Straftaten selbstverpflichtet. Derweil bleiben die innerkirchlichen "Leitlinien" zum Umgang mit Verdachtsfällen auf Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen unverändert weiterhin gültig, die vorsehen, dass "interne" Prüfung und Untersuchung Vorrang vor externen Ermittlungen, sprich (Selbst-)Anzeige und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen genießt.

    Das Perfide an Missbrauch ist aber gerade, dass dieser nur möglich ist und bleibt in dysfunktionalen "Systemen", in denen das Gesetz des Schweigens gilt. Die Täter werden so nicht nur nicht gehindert, sondern sogar in ihrem Tun unterstützt. Dies nennt sich juristisch auch Beihilfe. Auch der angeblich so "giftige" Vorwurf der Strafvereitelung liegt nicht so fern, wie es die Deutsche Bischofskonferenz durch ihren Sprecher glauben machen möchte.

    Alles in allem: Nichts Neues, und nicht ein Zeichen, das Hoffnung gäbe, Kinder könnten künftig dort vor Missbrauch sicher sein, wo katholisches Personal mit ihnen Umgang hat.

  • B
    Blub

    Wie entledigen sich eigentlich die knatschkatholischen "Oberhirten" ihres Spermas?

    Schwitzen die es aus?

  • V
    vic

    Zu Mixa ist alles gesagt, Aber dieser Zollitsch stellte angeblich Ministerin Leuthäuser-Schnarrenberger ein Ultimatum, um ihre kritischen Äußerungen zurückzunehmen.

    Was glaubt der wo er ist? Das ist kein Gottesstaat, hier gelten die bürgerlichen Gesetze auch für katholische Amtsträger.

    Mein Rat an beide Hochwürden: geht zusammen was trinken und fahrt über ne rote Ampel.

  • KF
    Klaus Füller

    Jetzt, liebe TAZ, ist Journalismus gefragt. Woher kommt die Zahl von 210000 "polizeilich bekannte[n] Fälle[n] von Kindesmissbrauch in 15 Jahren. Das wären über 1100 Fälle pro Monat. Was zählt hier als "Missbrauch", was bedeutet "polizeilich bekannt"? Wurden hier Verdachtsfälle eingerechnet? Oder die Dunkelziffer? Bitte recherchiert unbedingt diese Zahl! Was sagen die Innenministerien oder die Landeskriminalämter?

     

    Im nächsten Satz werden mit diesen behaupteten "Fällen von Kindesmissbrauch" die Verdächtigen aus der katholischen Kirche verglichen. Wieso werden "Fälle" mit "Verdächtigen" verglichen? Wie viele "polizeilich bekannte Verdächtige" gibt es denn seit 1995 oder wie viele "Fälle" gibt es denn in den katholischen Institutionen? Wie sieht es hier mit Dunkelziffern aus?

     

    Mit ein wenig Recherche kann man _diese_ Argumente wahrscheinlich zertrümmern!

  • W
    Wolfgang

    Die Trunkenheitsfahrt von Fr.Käsmann sehe ich weit weniger kritisch als die Kindesmissbräuche im Dienste der katholischen Kirche.

    Wann übernimmt eigentlich hier jemand die Verantwortung. Auch wenn die bekannten(!) Taten verjährt sind, so wurde doch bis heute - so lange es ging - vertuscht. Diese Vertuscher gehören endlich genannt und öffentlich kritisiert. Diese "Blutsgemeinschaften" gehören endlich beendet.

     

    Stattdessen macht Hr. Zollitsch gegenüber Fr. Leutheuser-Schnarrenberger schon wieder den dicken Max.

  • S
    Suuna

    Ich finde, die derzeitigen Bischöfe gehen relativ souverän mit den Missbrauchsfällen um. Was sollen sie den sonst noch machen. Richtlinien scheinen ja zu wirken, die Missbrauchsfälle wurden von ihnen selbst veröffentlicht, jeder Dorfpfarrer scheint sensibilisiert zu sein. Man mag ja darüberhinaus von der Institution Kirche halten, was man möchte, aber in diesem konkreten Fall kann man den Verantwortlichen wenig Vorwürfe machen.

     

    Wenn man sich das populistische Geplärre der FDP-Ministerin anhören muss, würde ich auch empfindlich reagieren.