Sarkozy in Ruanda: Investieren statt massakrieren

Frankreichs Präsident besiegelt die neue französisch-ruandische Versöhnung mit einem Staatsbesuch. Die Beziehungen waren lange getrübt.

Auf den Spuren von Frankreichs Verwicklungen: Sarkozy in der Gedenkstätte an den ruandischen Völkermord in Kigali. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | Es ist für beide Länder ein historisches Ereignis. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ist zum Besuch in Ruanda angekommen. Abgesehen von einem kurzen Händedruck zwischen Kagame und Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac 2003 hat es keine Begegnungen mehr zwischen den Staatschefs in Paris und Kigali seit dem ruandischen Völkermord von 1994 gegeben.

Seit November 2006 waren sogar die diplomatischen Beziehungen unterbrochen, nachdem ein französischer Untersuchungsrichter neun internationale Haftbefehle gegen Kagame und sein Umfeld ausgestellt hatte. Dass die Beziehungen sich jetzt erwärmen, ist der Hartnäckigkeit des französischen Außenministers Bernard Kouchner zu verdanken, dessen Kigali-Besuch im Januar das Ende der diplomatischen Eiszeit einläutete.

Es wird jetzt keine Neuauflage der engen Freundschaft geben, die vor Ruandas Völkermord die Präsidenten François Mitterrand und Juvénal Habyarimana verband, als französisches Militär die ruandische Armee massiv aufbaute und Mitterrand dann sogar noch die Übergangsregierung unterstützte, die den Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 orchestrierte.

Ruandas Regierung wartet immer noch auf eine offizielle Entschuldigung aus Paris dafür, und noch 2008 beschuldigte eine ruandische Untersuchungskommission Frankreich der direkten Beteiligung am Völkermord und nannte 22 Persönlichkeiten namentlich, darunter Dominique de Villepin, damals Kabinettsdirektor im Außenministerium und heute ärgster Rivale Sarkozys.

Es kommt beiden Ländern gelegen, nunmehr in die Zukunft zu blicken. Paris will Einfluss in der Region zurückgewinnen: Ruandas Regierung blickt heute eher auf Großbritannien und die USA als auf Frankreich, Präsident Kagame hat Tony Blair als politischen Berater engagiert und die ruandischen Schulen haben dieses Jahr Englisch als Unterrichtssprache eingeführt. Ruanda hat das bestorganisierte Staatswesen der Region und ist heute Drehscheibe für den regionalen Handel, unter anderem mit Mineralien aus dem Kongo. Die drei Granatenanschläge vom vergangenen Freitag in Kigali ändern an dieser Rolle nichts.

Frankreich will nun an verschiedenen regionalen Integrationsprojekten beteiligt werden, in denen Ruanda eine Schlüsselrolle spielt: dem Ausbau des Wasserkraftwerks Ruzizi im Länderdreieck Ruanda-Burundi-Kongo oder der gemeinsamen ruandisch-kongolesischen Ausbeutung der Methangasvorkommen im Kivusee. Diese Projekte bieten französischen Firmen erhebliche Chancen. Sarkozy plant eine internationale Konferenz zur Zusammenarbeit mit der Region der Großen Seen in Paris.

Für Ruanda bietet die Wiederannäherung an Frankreich eine Gelegenheit, lästige diplomatische Verwicklungen zu begraben. "Ein Land wie Ruanda kann sich den Luxus nicht leisten, einen Feind zu haben, der relativ gesehen eine Großmacht ist", sagt Servilien Sebasoni, Kommunikationsberater der ruandischen Regierungspartei RPF. Wenn Frankreich aufhört, auf internationaler Bühne Ruandas Regierung als Pariah darzustellen, so wie dies Sarkozys Vorgänger gerne taten, ist dies für Kigali ein Erfolg. Zugleich werden jene Milieus in Frankreich geschwächt, die noch immer die Anhänger der Hutu-Extremistenideologie des Völkermordes unterstützen, und auch diese Extremisten selbst.

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