Bankenpleite in Island: Bürger sollen zahlen

Der Inselstaat Island schuldet den Holländern und Briten Milliarden. Sollen die Bürger dafür aufkommen? Am Samstag stimmt Island in einer Volksabstimmung über ein entsprechendes Abkommen ab.

230 000 Stimmberechtigte entscheiden, ob Island die Rückzahlung von 3,8 Milliarden Euro aus dem Kollaps der isländischen Internetbank Icesave annimmt oder nicht. Bild: dpa

STOCKHOLM taz An den Urinalen auf der Herrentoilette der Sódóma-Bar in Reykjavík kann mann seinen Strahl auf die Fotos bekannter Banker richten. Am beliebtesten soll das Gesicht von Björgólfur Thor Björgólfsson sein. Thor Björgólfsson ist nicht von ungefähr einer der gehasstesten Männer Islands.

Der 42-jährige Finanzmann kontrollierte die Privatbank Landsbanki. Deren Internet-Banktochter Icesave kollabierte im Herbst 2008 und wurde verstaatlicht. Icesave hatte Schulden bei britischen und holländischen Anlegern angehäuft. Deren Regierungen übernahmen diese Schulden und zahlten sie ihren Einwohnern im Rahmen der staatlichen Einlagesicherungen zurück. Nun wollen sie das Geld von Island wiederhaben - vier Milliarden Euro, 13.000 Euro pro IsländerIn. Am Samstag stimmt Island in einer Volksabstimmung über ein entsprechendes Abkommen ab.

Laut Umfragen wollen drei von vier IsländerInnen mit Nein stimmen. Böses Blut weckt vor allem der weit über den Marktzinsen liegende Zinssatz von 5,5 Prozent. Er führt dazu, dass London und Den Haag die InsulanerInnen zusätzlich mit einer Summe belasten könnten, die dem Halbjahresetat des gesamten Gesundheitswesens entspricht. Großbritannien und die Niederlande machen Druck, sie kündigten an, die Auszahlung weiterer Kreditraten des Internationalen Währungsfonds und einen EU-Beitritt Islands zu blockieren, falls es die Schulden nicht übernimmt. Dabei hält nicht jeder Erstattungsforderungen für selbstverständlich.

Die grüne EU-Parlamentarierin und Antikorruptionskämpferin Eva Joly meint, dass Icesave die Schulden nur wegen "skandalösen Versagens" der britischen und niederländischen Finanzaufsichtsbehörden machen konnte. Joly schwebt eine Einigung auf halbem Wege vor. Der US-Wirtschaftsprofessor Michael Hudson sagt, der Kollaps der Finanzen eines ganzen Landes habe einen "Systemfehler" enthüllt, der bei der Schaffung der Gesetze über Bankengarantiefonds nicht vorhergesehen wurde. Die Frage müsse nun grundsätzlich gelöst werden.

Es dürfe dem Land nicht unmöglich gemacht werden, in den nächsten zwei Jahrzehnten wieder auf die Beine zu kommen, fordern die IsländerInnen. Auf thedutchiceland.com, einer satirischen Website, sieht man schon die Kolonie "Holländisch-Island" - als Giftmüllkippe der Welt. Die Sorge: Island muss Naturschätze verkaufen, um zu Geld zu kommen. Die Volksabstimmung ist bindend.

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