Polizeigeheimnis: Ermittler suchen Judas

Lange konnte Käßmann ihre Alkoholfahrt nicht vor der Boulevardpresse verbergen. Nach fünf Anzeigen wegen Geheimnisverrats ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob womöglich Polizisten geplaudert haben.

Vorerst auf dem Beifahrersitz: Fünf Anzeigen nähren den Verdacht, dass Polizisten über Margot Käßmanns Alkoholfahrt geplaudert haben. Bild: dpa

Nach der Alkoholfahrt der ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, sind jetzt vier Anzeigen wegen Geheimnisverrats bei der Staatsanwaltschaft Hannover eingegangen. Wie Oberstaatsanwältin Irene Silinger am Wochenende mitteilte, seien die Anzeigen jedoch an die Staatsanwaltschaft Lüneburg weitergeleitet worden. Dadurch solle der Verdacht fehlender Objektivität von vornherein vermieden werden, sagte Silinger. Daneben sei inzwischen eine weitere Anzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft in Celle eingegangen.

Die Staatsanwälte müssen nun ermitteln, wie die Medien von der Autofahrt Käßmanns unter Alkoholeinfluss erfahren haben. Die Ratsvorsitzende war am Sonnabend vor zwei Wochen von Streifenpolizisten in der Innenstadt von Hannover angehalten worden. Kurz zuvor hatte sie mit ihrem Dienstwagen eine rote Ampel überfahren. Bei der anschließenden Kontrolle wurde ein Alkoholwert von 1,54 Promille im Blut festgestellt.

Wenige Tage später berichtete Bild als eine der ersten Zeitungen über den Vorfall. Am Mittwoch, den 24. Februar, trat Margot Käßmann dann von ihren Ämtern als Hannoversche Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzende zurück. Obwohl sich die EKD einmütig hinter die 51-Jährige gestellt hatte, begründete Käßmann ihre Entscheidung damit, nicht weiter mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben zu können. Allerdings werde sie Pastorin in der evangelischen Landeskirche bleiben.

Streifenpolizisten stoppten am 20. Februar dieses Jahres die Hannoversche Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Margot Käßmann in der Hannoverschen Innenstadt nach einer Privatfeier. Sie war über eine rote Ampel gefahren.

1,54 Promille ergab die anschließende Blutprobe. Käßmann behauptete, an diesem Abend lediglich ein Glas getrunken zu haben - trotz Fastenzeit.

Die Bild-Zeitung berichtete am 23. Februar über den Vorfall. Dabei führte das Blatt Details aus der Polizeikontrolle auf.

Der Rat der Evangelischen Kirche Deutschland sprach Käßmann das Vertrauen aus und überließ ihr die Entscheidung über mögliche Konsequenzen.

Den Rücktritt von allen kirchlichen Führungsämtern verkündete Käßmann am 24. Februar. Erst Ende Oktober 2009 war sie an die Spitze der EKD gewählt worden.

Oberstaatsanwältin Silinger zufolge nennen die Anzeigen wegen Geheimnisverrats keine Tatverdächtigen, sondern richten sich gegen Unbekannt. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet, dass eine der Anzeigen der hannoversche Rechtsanwalt Godehard Schreiber gestellt hat. "Ich empfinde es als eine Schweinerei, wie Frau Käßmann an den Pranger gestellt wurde", sagte der Jurist. Es sei nicht in Ordnung, dass offenbar Polizisten diese vertraulichen Informationen an die Boulevardpresse weitergegeben hätten.

Grundsätzlich dürften Beamte keine dienstlichen Informationen von sich aus an Dritte weitergeben, sagte Silinger über den Verdacht, Polizisten hätten geplaudert. "Bei offiziellen Anfragen sind wir jedoch verpflichtet, nicht die Unwahrheit zu sagen", sagte die Sprecherin der hannoverschen Staatsanwaltschaft. Aus diesem Grund sei der exakte Wert von Käßmanns Blutprobe an die Medien weitergegeben worden. Obwohl die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden müssen, gebe es zudem ein besonderes Informationsbedürfnis bei Personen des öffentlichen Lebens, sagte Silinger.

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