Kommentar Afghanistan-Einsatz: Kriegsrhetorik mit Widersprüchen

Jetzt also erlaubt Verteidigungsminister zu Guttenberg, "dass der Begriff ,Krieg' in der Umgangssprache genutzt werden darf, damit er verstanden wird". Danke, Herr Minister, für diese Verständnishilfe!

Gewiss, völkerrechtlich gesprochen handelt es sich beim Afghanistaneinsatz der Bundeswehr um einen "internationalen bewaffneten Konflikt". Aber diese juristische Definition konnte im deutschen alltäglichen Sprachgebrauch keinen Augenblick das hässliche Wort "Krieg" verdrängen, obwohl es regierungsoffiziell lange mit einem Tabu belegt war. Jetzt, nach dem Tod dreier und der Verletzung weiterer Soldaten am letzten Freitag, der die Tötung von sechs afghanischen Soldaten durch eine deutsche Einheit folgte - jetzt also erlaubt Verteidigungsminister zu Guttenberg, "dass der Begriff ,Krieg' in der Umgangssprache genutzt werden darf, damit er verstanden wird". Vielen Dank auch, Herr Minister, für diese Verständnishilfe!

Merkwürdig ist allerdings, dass der Angriff der Taliban vom Freitag auf die deutschen Soldaten von der Bundeskanzlerin als "verabscheuungswürdig und hinterhältig" bezeichnet wurde. Wurden dabei von den Taliban Kriegsverbrechen begangen? Davon war nirgendwo die Rede. Einerseits haben wir also eine kriegerische Auseinandersetzung, aber andererseits sind militärische Hinterhalte, die der Kriegsgegner legt, für deutsche Regierungspolitiker keinesfalls zu rechtfertigen. Das gilt natürlich nicht für die laufende Tötung afghanischer Zivilisten durch die Interventionstruppen. Wir entschuldigen uns und geloben "genaue Untersuchung".

Schon vor der Guttenbergschen Konzession an die Umgangssprache hatte das deutsche Verteidigungsministerium nie Bedenken, eine Kriegsrhetorik anzustimmen. Zwanglos sprach es von "gefallenen" deutschen Soldaten, pries den Tod der jungen Leute als "Dienst für das Vaterland" und missbrauchte die Trauer der Hinterbliebenen für die Zwecke militaristischer Propaganda. Aber diese Sprachregelungen und symbolischen Aktionen gehen ins Leere. Die einfache Frage, wofür deutsche Soldaten eigentlich "am Hindukusch" kämpfen und auch sterben müssen, bleibt unbeantwortet. Denn das offizielle Ziel, die "Stabilisierung" des Landes, das gleichzeitig die Voraussetzung für den Abzug der westlichen Truppen sein soll, wurde nie klar bestimmt. Geht es um Afghanistan, um die Taliban oder um "die Region"? Welche? Was sind die Kriterien für die Stabilität? Und in welchem Zeitraum soll sie erreicht werden? Dies zu wissen, darauf haben nicht zuletzt die deutschen Soldaten Anspruch.

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