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CDU-Finanzaffäre in Rheinland-PfalzAuch im Puff wurde Geld verbraten

Die Finanzaffäre der CDU in Rheinland-Pfalz beschädigt auch die künftige Spitzenkandidatin Julia Klöckner. Ihre Chancen für die Landtagswahl schwinden derzeit.

Mit viel Konfetti sollte am Samstag die Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner - hier zusammen mit Christian Baldauf - zur CDU-Spitzenkandidatin für Rheinland-Pfalz gewählt werden. Bild: dpa

MAINZ taz | Als "Big party" hatte die CDU in Rheinland-Pfalz ihren Nominierungsparteitag an diesem Sonnabend in Bingen inszenieren wollen. Mit "Raketen" im Auditorium und viel Konfetti sollte die - möglichst - geschlossene Wahl der Bundestagsabgeordneten Julia Klöckner (38) zur Herausforderin von SPD-Platzhirsch Kurt Beck (60) bei den Landtagswahlen im März 2011 zelebriert werden. Doch daraus wird jetzt wohl nichts mehr werden.

Denn die eigentlich guten Chancen der Winzertochter Klöckner, den tief im Nürburgring-Sumpf steckenden "Schuldenmacher Beck" (CDU) in knapp einem Jahr tatsächlich schlagen zu können, werden von der Union gerade wieder selbst verspielt.

Eine peinliche Finanzaffäre, für die eigentlich der frühere Landespartei- und Landtagsfraktionsvorsitzende Christoph Böhr die Hauptverantwortung trägt, beutelt die CDU aktuell. Der als "spröde" geltende Philosophieprofessor soll im Landtagswahlkampf 2006 exakt 386.000 Euro seines aus der Kasse der Landtagsfraktion stammenden "Honorars" in Höhe von insgesamt 401.000 Euro an eine Düsseldorfer Kommunikationsagentur überwiesen haben. Das jedenfalls war einem Bericht des Landesrechnungshofes von dieser Woche zu entnehmen.

Als "Gegenleistung" dafür habe die Firma C 4 Consulting GmbH auftragsgemäß ein Konzept zur Verbesserung des Images von Böhr und seiner Partei, die als zerstritten galt, erarbeitet, das sich "Wahlsieg 2006" nannte. Ein teurer Schuss in den Ofen, der mit aus Steuergeldern finanzierten Fraktionsmitteln, die nicht für die Parteiarbeit hätten verwendet werden dürfen, auch noch illegal erkauft wurde. Die Landtagswahl verlor Böhr mit Pauken und Trompeten. Weitere 65.000 Euro an Fraktionsgeldern wurden in der Ägide Böhr vom damaligen Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen illegal "verbraten". Unter anderem für Besuche im Lokalpuff "Hölle" in der Mainzer City.

Böhrs Nachfolger im Amt des Partei- und Fraktionsvorsitzenden, Christian Baldauf, hat jetzt entschieden, das veruntreute Geld - insgesamt 478.000 Euro - an die Landeskasse zurückzuzahlen. Eine erste Tranche von 200.000 Euro wurde bereits an den Landtagspräsidenten überwiesen. Ansprüche an die CDU Rheinland-Pfalz wegen der Verstöße gegen das Parteienfinanzierungsgesetz könnte jetzt auch noch die Bundestagsverwaltung stellen.

Böhr allerdings weigert sich, auch nur einen Cent seines "Honorars" von 2006 zurückzuzahlen. Nicht nur das wird jetzt für böses Blut auf dem Parteitag sorgen. Auch Klöckner, die bei der Parteiführung inzwischen die "vollständige transparente Aufklärung" der Vorgänge einklagte, steckt in der Bredouille. Die Kasse der CDU ist leer, der Imageschaden groß. Und das im anlaufenden Landtagswahlkampf.

Baldauf wollte wegen der schlechten Stimmung in der Partei die satzungsgemäß für dieses Jahr anstehende Vorstandsneuwahl bis nach den Landtagswahlen verschieben - und musste zurückrudern. Die SPD feixte: "Nichtwahl aus Angst vor Abwahl."

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18 Kommentare

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  • RD
    Rainer David W. Früh

    @kuli:

    falsch! leider!

    wir tun es auch außerhalb des Faschings (oder der Fassenacht!).

    Siehe Fischer, Wowereit, Möllemann, Trittin, Roth, W`welle, Gysi, Lafontaine, ach ja, und der Popbeauftragte, Gabiel und die vielen anderen.

    Na klar, auch wenn´s schon etwas her ist: Nobby Blüm.

  • K
    Kuli

    Tja, aber wenn wir die Politik(er) nicht mehr ernst nehmen (was ja manchmal auch wirklich schwierig ist), denen doch in einer Demokratie durch uns, den Souverän, die Verantwortung in die Hand gelegt wurde, dann hat die Demokratie ein arges Glaubwürdigkeitsdefizit. Wer reicht schon dem Hofnarren das Zepter, ausser zu Fasching?

  • A
    avelon

    Hochmut kommt vor dem Fall.

     

    Was für den meisten PolitikerInnen allerdings noch entmachtender ist, daß wir sie nicht mehr ernst nehmen.

     

    Wer sich seine eigenen Gesetze schreiben darf, kuemmert sich wenig, wenn nicht gar ueberhaupt nicht mehr um den Rest der Nation.

  • OP
    Otto Pardey

    MADAY,MADAY,MADAY,

     

    please World help out of Germany!

     

    Haben die meisten Bürger bzw.Wähler einen

    IQ von 80 und merken folgedessen nicht,

    das sie von den skrupellosen,korrupten

    Polit-Heuschrecken in Deutschland ohnehin

    nur verarscht werden?.

    Vor der Wahl ist nach der Wahl und nach der Wahl ist vor der Wahl!

  • RD
    Rainer David W. Früh

    Und der nächste Skandal zeigt sich schon am glutroten Horizont:

    Der Vater von Julia Klöckner soll mal 1972 eine Flasche Wein verhökert haben, deren Inhalt korkig schmeckte......

     

    Ich denke, ein Kommentar, eine Nachricht, eine Reportage sollte nicht ausschließlich davon geprägt und von dem geleitet sein, was man sich selbst politisch gerne herbeisehnt. Das sollte selbst für die TAZ und ihr Personal gelten.

    Aber so ist man auf dem besten Weg zur Prawda für rot-grüne Oberstudienräte.

  • K
    Kluchscheißer

    Die können es eben nicht, die CDU beschäftigt sich seit Jahren nur damit, sich selbst zu zerlegen. "Gott schütze Rheinland-Pfalz", das hat der damalige MP Bernhard Vogel der Partei hinterhergerufen, also sie ihn geschasst haben, und seitdem ist das ein einziges Durcheinander in diesem Sauhaufen. Die Böhr'schen Veruntreuungen waren doch nicht die letzte Affäre, da haben wir Herrn Billen, der sich auf illegalem Wege Daten aus Polizeicomputern verschafft, ohne dass seine Partei ihn straft, und und und. Dass in Rheinland-Pfalz seit zwei Jahrzehnten die SPD den Ton angibt, hat kaum etwas mit deren Qualität zu tun (RLP ist strukturell arg konservativ), aber umso mehr mit der Unfähigkeit der Schwarzen.

  • WL
    W. Lorenzen-Pranger
  • F
    Fate

    @ reblek: Ihre Kritik mag ja korrekt sein, aber nicht die Art und Weise, in der Sie sie vortragen. Warum nicht einen freundlichen Tonfall wählen anstatt von oben herab zu pöbeln?

  • QW
    "anonym" - Wels in Oberösterreich

    Antwort auf "Judas, der Verräter" - "17.04.2010,

    09:35" (auf dem "Gästebuch der Stadt Graz")

     

    1738 habe die Statue des "Gegeißelten Heilands"

    der Wieskirche bei Steingaden vor der Bäuerin

    Maria Lori zu weinen begonnen. Ich schlief zuletzt

    unweit der Kirche im Freien - geübt als euro-

    päischer Autostopper zwischen Trondheim und

    Madrid schon vor 1968. Die Wieskirche ist im Le-

    xikon SCHNELLKURS WELTWUNDER von Matthias

    Vogt genau vor der Shwedagon-Pagode von Yan-

    gon eingetragen: in welcher sich 8 Haare des

    Buddha Siddharta Gautama befinden sollen.

    Aber: wenn Sie die Jahreszahl 1738 lesen, an

    welche zweite Jahreszahl denken Sie da?

  • C
    Coldman

    Ich bin immer wieder hin und hergerissen, ob ich über den Enthüllungsjournalismus lachen oder weinen soll.

    Ich lache natürlich gerne, wenn es die scheinheiligen Konservativen betrifft (da pflege ich natürlich, wie jeder andere Mensch meine Vorurteile). Ein weinendes Auge habe ich immer dann, wenn ich Reaktionen auf solche Artikel registriere. Viel zu oft und dies auch noch mit steigender Tendenz, wird die Politik, der/die PolitikerIn unter Generalverdacht gestellt. Wem hilft das? Sicherlich nicht der "Demokratie". Doch eher jenen, die von einem immer größer werdenden Parteien- und nicht Politikverdrossenheit profitieren! Das ist das Dilemma der "freien" Medien. Im Spagat des wirtschaftlichen Überlebens von Zeitungen und ihrer nach meiner Auffassung verfassungsrechtlichen Pflicht zur Aufklärung verkaufen sich Enthüllungsartikel eben besser, als z. B. systemkritische Leitartikel, die das herrschende System - bei dem man ja integrativer Bestandteil ist - in Frage stellen und kritisieren und eben nicht die PolitikerInnen, die ja ebenfalls größtenteils auch nur abhängige Gestalten dieses Systems sind. Weiß jemand einen Weg aus diesem Dilemma? Ich für meinen Teil, frage mich sehr oft, was würde ich als Politiker tun, wenn ich in der Verantwortung stünde und ohne ein Bewusstsein der notwendigen Systemveränderung Politik gestalten müsste? Da kommt man oft zu verblüffenden Ergebnissen! Nörgeln ist eben einfacher! Egal ob es zum Zwecke des finanziellen Überlebens "meiner" Zeitung, zur Gewinnmaximierung oder zur persönlichen Befriedigung des Gewissens beitragen soll. Da bleiben dann nur noch die moralischen Bewertungskategorien, Am Ende bleibt das System unkritisiert und "lacht" sich ins Fäustchen! So ist das mit Brot und Spielen!

  • V
    vic

    Fällt ein Bordell nun eigentlich unter die Kategorie Hotel?

    Lokale Parteipromis plus Seuervorteil - beneidenswert.

  • D
    DocMison

    Da bekommt doch "Geiz ist GEIL" eine neue Dimension

    warum auch selber bezahlen ?

  • E
    elmar

    wie stösst man nun darauf an? mit einem rieslimg beim weinfest? oder doch besser mit einer schaumspritzenden sektflasche in der eros-bar??

  • N
    Nachdenklicher

    Ach, Herr Beck gehört der CDU an ? Wußte ich ja noch gar nicht - seit wann denn ? :-)

  • A
    Anne

    Wieso wird nicht erwähnt das der jetzige Finanzsenator Carsten Frigge in Hamburg, das der das Geld von seinen Parteispezies kassiert hat (Geschäftsführer C4)?

     

    So jemand wird zum Senator berufen - so eine fassungslos machende Vetternwirtschaft!

  • A
    Anne

    uuuuiiiiii :)

    das wird wohl das Jahr in denen Sachen zum Skandal werden die eh schon jeder weis, nur niemand beweisen konnte…. Jeder weis doch das Kirchenleute sich an Kindern vergreifen, Soldaten im Krieg am liebsten nicht sterben wollen und am zweitliebsten auf Zivilisten schießen (Am besten aus Helikoptern und ohne Vorwarnung), Politiker aus Konservativen Parteien gerne in den Puff gehen (Wenns nicht die VW-Chefetage bezahlt dann halt der Steuerzahler!) und freiheitlich liberale Politiker sich die Freiheit nehmen ihr Geld am Fiskus vorbei in die Schweiz zu schaffen, welches sie für Gegenleistungen von großen Firmen (Hierzu fällt mir wieder ein Prostituiertenvergleich ein, den ich aber nicht bringe da dies ungerechtfertigt wäre(Prostituierte haben wenigstens eine Berufsethik an die sie sich halten)) erhalten.

     

    Naja wie auch immer, ich weis ja nicht was noch so alles rauskommt in den Wochen bis zur Landtagswahl in NRW, aber dafür weis ich was in der Taz in 3 Jahren steht: „Gorleben als Atomendmülllager Vollkommen ungeeignet hier hätten niemals Radioaktive Abfälle zu Versuchszwecken endgelagert werden dürfen!“. Im Artikel gibt es dann (2013) ein Interview mit dem neuen Umweltminister Karl Theodor zu Gutenberg:“ Ich bin selbst überrascht über das neue Gutachten und kann unter diesen umständen verstehen wenn Menschen umgangssprachlich von einem Endlagerproblem, ich wiederhole umgangssprachlich, sprechen. Aber nach intensiver suche haben wir ein neues Endlager ausfindig gemacht…die Asse.“

     

    Ich freu mich schon beim nächsten mal wieder ein bisschen schockiert zu sein auch wenn ich es schon immer wusste. ;-)

  • R
    reblek

    "Denn die eigentlich guten Chancen der Winzertochter Klöckner, den tief im Nürburgring-Sumpf steckenden 'Schuldenmacher Beck' (CDU) in knapp einem Jahr tatsächlich schlagen zu können..."

     

    Wer für eine Zeitung arbeitet, sollte ebenso wie die Redaktion, für die er schreibt, wissen, dass eine Chance bedeutet, etwas zu können. Eine "Chance, zu können", von der Herr Klingelschmitt hier schreibt, ist doppeltgemoppelter Unsinn. Es geht, wenn schon, um die "Chance, Beck zu schlagen". Aber welchen Journalisten interessiert schon die Sprache?

  • A
    Amos

    Es ist traurig,dass der Steuerzahler für solch ein Gesindel noch die Diäten bezahlen muss. Die müssten aus der Politik verschwinden. Es gibt doch kaum noch einen in der Politik, dem man vertrauen kann. Oder gibt es gar keinen mehr?