EU-Wirtschaftsreform verhindert: Wer zahlt gibt den Ton an

Kanzlerin Merkel verhindert Reform für eine starke gemeinsame EU-Wirtschaftspolitik. Künftig werden die Regierungschefs öfter über ökonomische Ziele reden.

Konnten sich nicht einigen: Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy. Bild: reuters

BRÜSSEL/BERLIN taz | Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble informiert die Presse gern gemeinsam mit seiner französischen Kollegin Christine Lagarde; Kanzlerin Angela Merkel trifft Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zu letzten Absprachen vor dem EU-Gipfel am Donnerstag: Die Auftritte im Doppelpack sollen dem Rest Europas deutlich machen, dass sich Berlin und Paris in Fragen der Euro-Rettung einig sind. Betrachtet man allerdings die Ergebnisse genauer, etwa nach dem Gespräch der beiden Regierungschefs Montagabend in Berlin, dann wird klar: Die Kompromisse tragen Berliner Handschrift.

Berlins Botschaft: Wer zahlt, gibt den Ton an. Wer über seine Verhältnisse lebt, soll künftig strenger bestraft werden und zeitweise das Stimmrecht im Rat verlieren können. An der sogenannten Europäischen Wirtschaftsregierung, die in Wahrheit nur engere Abstimmung der nationalen Haushaltspolitiken und striktere Kontrolle der Sparpläne bedeutet, sollen Merkels Wunsch entsprechend alle 27 Mitgliedsstaaten beteiligt werden. Sarokozy wollte sie auf die 16 Länder beschränken, in denen die Eurowährung gilt. Deren Chefs sollen nun aber nur in Ausnahmen - etwa einer nächsten Eurokrise - zu einem Sondergipfel zusammengerufen werden.

Ein Sekretariat, wie die Franzosen es gefordert hatten, wird es nicht geben. Die Regierungschefs werden einfach häufiger über Haushaltspläne, Strukturreformen und Sparziele sprechen und dieses Thema nicht mehr ausschließlich den Finanzministern überlassen. Ob, wie von der EU-Kommission gefordert, die Haushaltsverfahren zeitlich abgestimmt werden und alle Regierungen ungefähr zeitgleich ihre Haushaltsentwürfe in Brüssel vorlegen, ist offen. Vor allem Großbritannien ist der Meinung, engere wirtschaftspolitische Koordinierung sei Angelegenheit der Euroländer.

Das sieht auch der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel so: "Bei 27 Ländern läuft doch nichts." Man müsse mit den Euroländern beginnen - und "den schweren Geburtsfehler der Währungsunion beheben, den die Kohl-Waigel-Regierung zu verantworten hat". Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl und Ex-Finanzminister Theo Waigel gehören zu den Vätern des Euro. Sie vertrauten auf eine starke Europäische Zentralbank und hielten eine Harmonisierung der makroökonomischen Bedingungen nicht für nötig.

Das räche sich nun, meint Hickel. Der Euro stecke vor allem wegen der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte in der Krise. Deutschlands Exportstrategie etwa belaste andere Euroländer. Hickel: "Diese Ungleichgewichte müssen dringend weg." Später könne die gemeinsame Wirtschaftspolitik auf 27 Länder erweitert werden.

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