Prozess um das Kultur-Internetportal: Rückschlag für Perlentaucher.de

Der Bundesgerichtshof wird wohl einen neuen Prozess um die Zusammenfassung von Buchkritiken anordnen. Geklagt hatten "Süddeutsche Zeitung" und "FAZ".

Perlentaucher.de lizensiert seine Zusammenfassungen von Buchrezensionen an Internet-Buchläden. Bild: dpa

Der Prozess um das Kulturinternetportal Perlentaucher.de dürfte in eine neue Runde gehen. Der BGH deutete an, dass er die bisher für die Website positiven Urteile aufheben und eine neue Verhandlung beim Oberlandesgericht Frankfurt anordnen wird. Ganz am Ende dürften die Kläger, "Süddeutsche Zeitung" und "FAZ", den Prozess aber doch überwiegend verlieren.

Perlentaucher.de ist ein Internet-Portal, das täglich die Kulturseiten großer Tageszeitungen zusammenfasst. Er finanziert sich überwiegend über die Werbung, die Verlage auf der Perlentaucher-Seite schalten. Außerdem werden Perlentaucher-Texte - vor allem Zusammenfassungen von Buchrezensionen - auch an Internet-Buchläden lizensiert. Zunächst war amazon Vertragspartner, jetzt ist es buecher.de. Dort finden sich zu vielen Büchern neben dem Werbetext des Verlags auch die vom Perlentaucher erstellten "Notizen".

Nur gegen diese Weiter-Lizensierung der Perlentaucher-Zusammenfassungen klagen die Zeitungen. Dennoch sieht Thierry Chervel, der Geschäftsführer des seit zehn Jahren bestehenden Perlentauchers, das Projekt existenziell bedroht. "Wenn wir verlieren kämen zehntausende Euro an Prozess- und Anwaltskosten auf uns zu."

Cornelie von Gierke, die Anwältin von "SZ" und "FAZ" wertet die Perlentaucher-Zusammenfassungen als eine unerlaubte "Vervielfältigung" der Original-Rezension. "Meist wird das Original zwar auf ein Viertel oder ein Fünftel der Länge gekürzt, aber alle farbigen und prägnanten Formulierungen der Orginal-Rezension bleiben erhalten."

Dem hielt Thierry Chervell entgegen, dass die Zeitungen hier nur einige Extrembeispiele aus der Anfangszeit des Perlentauchers zum Gegenstand ihrer Klage gemacht hätten. "Normalerweise geben wir den Inhalt der Rezension in eigenen Worten wieder und zitieren nur punktuell". Doch auch bei den rund zwanzig von "SZ" und "FAZ" beanstandeten Zusammenfassungen sah Reiner Hall, der Anwalt des Perlentauchers, noch eine zulässige Inhaltsangabe. "Soweit zitiert wurde, ist dies kenntlich gemacht und vom Zitatrecht gedeckt."

In der Vorinstanz beim Oberlandesgericht Frankfurt hatte der Perlentaucher 2007 gewonnen. Dort gingen die Richter von einer "freien Bearbeitung" der Originalrezensionen aus. Schon das Kürzen anspruchsvoller Texte sei eine eigenständige Leistung des Perlentauchers.

Diesen Ansatz hält der BGH aber für falsch, wie der Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm eingangs erklärte. Deshalb wird der BGH den Prozess wohl zurückverweisen. Dann müssen die Frankfurter Richter in jedem Einzelfall prüfen, ob eine zulässige Inhaltsangabe vorliegt oder eine unerlaubte Weitergabe des Originals. "Es spricht eine Menge dafür, dass es Inhaltsangaben sind", sagte Bornkamm. Das BGH-Urteil sollte erst am späten Abend verkündet werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.