Glühlampen-Ausstellung: Pfui Birne!

Die Energiesparlampe mit ihrem flachen, dumpfen Licht ist ästhetisch ein Schlag in die Magengegend. Die Ingo-Maurer-Ausstellung im Berliner Bauhaus-Archiv plädiert für nackte Glühbirnen.

Objekt der nostalgischen Begierde: Die gute, alte Glühbirne. Bild: dpa

Auf den ersten Blick sieht die Ausstellung im Berliner Bauhaus-Archiv wie ein Lampenladen aus: Ein Raum mit vielen Leuchten und dazwischen stoffelt Personal. Gezeigt werden die wichtigsten Werke von Ingo Maurer, einem der bedeutendsten Lichtdesigner unserer Zeit.

Auf den zweiten ist sie Politik. Gleich zum Einstieg in den Ausstellungskatalog ruft Ingo Maurer zum zivilen Ungehorsam auf. Sein Gegner: das Glühbirnenverbot. Er präsentiert ein "Euro Condom" gegen "stupid Rules" - ein Gummiüberzug, der transparente Glühbirnen (die bis 40 Watt noch bis 2012 legal sind) matt macht - und ruft dazu auf, Glühlampenvorräte anzulegen.

"Die Glühbirne wird nicht verschwinden, davon bin ich überzeugt", sagt Maurer. Mit anderen Designern und Künstler hat auch er eine Petition unterzeichnet, die die Rücknahme der EU-Verordnung fordert. Ihre Kritik: Das Verbot zerstört ein Kulturgut. Und die zurzeit einzige Alternative - die Energiesparlampe mit ihrem flachen, dumpfen Licht - ist ästhetisch ein Schlag in die Magengegend. Nur, wie wird die Glühbirne überleben?

Zwei Wiener Lichtkünstler haben angekündet, dass sie im Osten alte Maschinen kaufen und die Produktion im Untergrund fortsetzen wollen. Bislang ist es bei der Ankündigung geblieben. Ein Plattwalzen von Energiesparlampen, wie es Greenpeace mit Glühbirnen vor dem Brandenburger Tor veranstaltet hat, wird es vor dem Bauhaus-Archiv auch nicht geben. Um das Verbot rückgängig zu machen, fehlt es den Designern an politischer und medialer Durchschlagkraft. "Man hat einfach keine Zeit, sich mit den richtigen Anwälten zusammenzusetzen und das durchzukämpfen", sagt Ingo Maurer. Stattdessen legen Museen Vorräte für ihre Kunstwerke an, und Händler wie der Hamburger Stefan Schrader horten bereits Millionen von Lampen. Wie lange sein Lager hält? "Ein paar Jahre", so Schrader.

Überleben wird die Glühbirne nur durch Unternehmen, die diskret weiterproduzieren. Die Righi Licht AG im schweizerischen Immensee ist eines von ihnen. Der Betrieb gehört zu den letzten Kleinproduzenten von Glühbirnen in Europa. Righi Licht fertigt hauptsächlich Speziallampen für die Bahn, die vom Gesetz nicht betroffen sind, aber auch Schönheiten für den Alltag, die bei Lichtdesignern begehrt sind. Trotz Verbot von Haushaltsglühlampen wird das Unternehmen weiterproduzieren - "im Sinne von Nostalgie- und Spezialanwendungen", wie Geschäftsführer Dieter Peter betont. Wer es für eine ästhetische Unart hält, auf einen Kronleuchter Energiesparlampen zu schrauben, kann bei Righi Licht weiterhin Glühbirnen erwerben. Die Ware ist übers Internet und im Fachmarkt erhältlich. "Wenn das Geschäft in der Nische bleibt, werden wir geduldet", glaubt Peter.

Warum sich der Ungehorsam lohnt, zeigt Maurers Werkschau im Bauhaus-Archiv. Mit der "Bulb" hat er 1966 die nackte Glühbirne zum ästhetischen Objekt gemacht, indem er sie in eine noch größere Glasbirne stellte. Mit "Ya Ya Ho" machte er 1984 das Gleiche mit dem Stromkreis, den er, anstatt ihn zu verbergen, als Lampe präsentierte. Zwischen zwei gespannte Drähte hängte er (vom Verbot ebenfalls bedrohte) Niedervolt-Lampen. "Ya Ya Ho" und seine zahllosen Imitate ziehen sich heute durch jede 90er-Jahre-Wohnung.

Erzählt Maurer, was ihn zur "Bulb" und "Ya Ya Ho" inspirierte, spricht er von schönen Rauschzuständen, in die er durch nackte Glühbirnen in billigen Hotelzimmern und an wilden Neujahrsfesten versetzt worden sei. Spricht hingegen sein Schüler Axel Schmid über die Entwicklung seiner "Jetzt" von 2009 - einer raffinierten und preisgekrönten LED-Lampe -, erklärt er vor allem technische Herausforderungen. Rausch scheint LED, die Leuchtdiode, die effizienter als die Energiesparlampe ist und damit das Licht von morgen sein wird, noch keinen auszulösen. Bislang hatte LED ein wenig beachtetes Dasein in elektronischen Geräten, Taschenlampen oder bestenfalls im Proll-Schick gefristet. Als Maurer 1997 eine Art LED-Blumenstrauß fertigte und das Objekt "Bellissima Brutta" - die "schöne Hässliche" - nannte, war das eine Einladung der Leuchtdiode in die Welt des Lichts.

Die LED-Leuchte "Jetzt" ist heute genauso Teil der Maurer-Ausstellung wie die "Bulb" und eine erste Lampe mit dem sogenannten organischen LED, dem Licht von übermorgen, das ein bisschen wie leuchtender Käse aussieht. Der Politik signalisiert die Ausstellung damit vor allem eines: dass das effiziente Licht der Zukunft sowieso kommt. Einen Grund, deswegen das emotionsgeladene Feuer der Glühbirne zu verbieten, gibt es nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.