Streit um Bundeswehr-Zukunft: Nächste Schlacht um die Wehrpflicht

Verteidigungsminister Guttenberg schließt Pläne einer Mini-Armee von 150.000 nun doch aus. Nach Kritik aus der Union bekennt er sich zur Wehrpflicht.

BERLIN dpa/taz Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat eine Verkleinerung der Bundeswehr von derzeit rund 250.000 auf nur noch 150.000 Soldaten ausgeschlossen. Auch eine komplette Abschaffung der Wehrpflicht komme nicht infrage, sagte der CSU-Politiker am Donnerstag auf dem Weg zu einem Truppenbesuch in Karlsruhe. Die bisher bekanntgewordenen Modelle für eine Bundeswehrreform seien nur "Wasserstandsmeldungen". Offen bleibt weiterhin, ob die Wehrpflicht ausgesetzt wird.

Gegen solche "Wasserstandsmeldungen" gab es heftigen Widerstand aus der Union. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion Ernst-Reinhard Beck (CDU) sprach sich für die Wehrpflicht aus. Die sei konjunkturunabhängig und ein Garant dafür, "guten und qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen". Der Mix der Bundeswehr aus Berufssoldaten, Zeitsoldaten, längerdienenden Wehrpflichtigen habe bisher gut funktioniert, viele Länder beneideten Deutschland darum, erklärte Beck.

Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt in dem Streit bislang keine klare Stellung. Am Mittwoch erklärte sie sich lediglich bereit, die finanziellen Vorgaben für die anstehende Reform noch einmal zu überarbeiten. "Wegen zwei Milliarden Euro kann ich nicht die deutsche Sicherheit aufs Spiel setzen," sagte sie. Merkel wollte sich bislang auf keines der drei von Guttenberg vorgelegten Modelle festlegen. Dessen Hauptproblem ist Geld. Er muss rund 8,3 Milliarden Euro bis 2014 in seinem Ressort einsparen.

Ob jedoch eine Aussetzung der Wehrpflicht wirklich billiger ist, bestreiten Gegner der Reform. Sie fürchten sogar zusätzliche Kosten durch Nachwuchswerbung. Der wird bislang vor allem über die allgemeine Wehrpflicht rekrutiert.

Aus den Kreisen der Unions-Bundestagfraktion heißt es dagegen, man stehe dem Reform-Modellen Guttenbergs tendenziell positiv gegenüber. Argumente dafür liefert das Deutsche Institiut für Wirtschaftsforschung. Zwar würden Berufssoldaten höher entlohnt. Das vernachlässige aber, dass der Wehrdienst wie eine Art Naturaliensteuer an den Staat wirkt. Die lässt sich berechnen und taucht als Einnahmen nicht im Staatshaushalt auf. Außerdem ergäben sich durch ein Berufsheer Effizienzgewinne - weniger Personal könne das gleiche Niveau an äußerer Sicherheit bereitstellen.

Der Koalitionspartner FDP dagegen würde aus der Bundeswehr möglichst noch in dieser Wahlperiode gern eine Freiwilligenarmee machen, da die Wehrpflicht gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße: "Es kann nicht sein, dass nur noch 16 Prozent eines Jahrgangs ihren Wehrdienst ableisten, während viele andere zur selben Zeit ihre beruflichen Chancen verbessern können", sagte er jüngst Parteivorsitzende Guido Westerwelle gegenüber dem "Hamburger Abendblatt".

Der Verteidigungsminister hat für die ausstehende Reform der Bundeswehr zunächst verschiedene Modelle entwickelt, von denen er jetzt offenbar wieder abrückte: Jeder der Vorschläge sah vor, die Truppengröße zu reduzieren und zwar entweder auf 150.000, 170.000 oder 205.000 Soldaten. Dabei gehen die beiden ersten Ansätze von einer reinen Berufsarmee aus, im dritten würde die Wehrpflicht erhalten.Vermutlich wird sich die Diskussion hinziehen: Das Kabinett befasst sich erst im September mit dem Thema. alm, kss

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.