: „Verbraucher können Ekelfleisch verhindern“
Mehr Esskultur für nordrhein-westfälische Verbraucher fordert Svenja Schulze. Für die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion versprechen verstärkte Kontrollen der Fleischwaren keinen Ausweg
taz: 120 Tonnen Ekelfleisch aus Gelsenkirchen – hätte CDU-Verbraucherminister Eckhard Uhlenberg den Skandal verhindern können?
Svenja Schulze: Wir können nicht neben jeden Fleischproduzenten einen Aufpasser stellen. Aber jetzt ist der Ekelgrad besonders hoch und Uhlenberg muss vorangehen, um die Transparenz zu erhöhen. Er muss Ross und Reiter nennen, also wie die Produkte und Produzenten heißen, damit die Verbraucher wissen, ob sie etwas davon im Kühlschrank liegen haben.
Das Fleisch von einem Rind landet doch in Hamburgern, Grillwürstchen und Döner – wie soll das transparenter werden?
Wir brauchen andere Kontrollen. Die Tester müssen unangekündigt auftauchen, die Wege der Fleischwaren sollen zwischen den Ländern verfolgt werden. Bisher stoppen die an den Ländergrenzen. Auch die Verbraucher müssen ihr Verhalten ändern und bewusster einkaufen.
Wie wollen sie die Verbraucher denn erziehen?
Erziehen ist das falsche Wort. Nicht nur Kinder können noch dazu lernen. Jeder soll sich bewusst sein: entweder mir ist die Qualität des Fleisches egal, dann spare ich beim Einkauf. Wenn ich Qualität will dann weiß doch eigentlich jeder, dass das nicht umsonst zu haben ist.
Nicht jedeR hat die Wahl: Ein Bio-Huhn kostet das Zehnfache vom Tiefkühltier.
Das ist in diesem Fall nicht die Alternative. Jedes Lebensmittel muss den Mindeststandards genügen, darf nicht vergammelt sein. Das ist keine Frage von bio oder konventionell. Selbst für Motoröl sind Käufer bereit, viel Geld auszugeben. Wir müssen diesen Skandal auch nutzen, um über die Qualität von Lebensmitteln zu sprechen, um die Nachfrage nach regionalen Qualitätsprodukten zu erhöhen.
Was sie beschreiben, wäre eine totale Agrarwende. Dafür steht die SPD nicht.
Doch, wir setzen uns für eine Agrarwende und das Denken von der Ladentheke aus Sicht der Verbraucher ein. Das ist auch ein sozialdemokratisches Thema. Wir brauchen doch nur in unsere Nachbarländer zu gucken: In Italien und Frankreich hat die Esskultur einen ganz anderen Stellenwert, die Menschen verwenden Zeit und Geld auf ein gutes Mahl.
Hier sind die Strukturen völlig anders. Nicht alle Nordrhein-Westfalen könnten sich vom Rind der Nachbarwiese ernähren.
Das weiß ich nicht. Zumindest gibt es in NRW genug Schweine für den heimischen Teller.
INTERVIEW: ANNIKA JOERES