: Das bisschen Haushalt macht sich von allein
Dachte sich Finanzsenator Sarrazin – und wollte dem Parlament nur alle zwei Jahre eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen. Das Landesverfassungsgericht hat jetzt anders entschieden: Die jährliche Information ist in Zukunft Pflicht
Der Senat muss dem Parlament jährlich eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen. Das Landesverfassungsgericht hat gestern einer entsprechenden Klage von CDU, Grünen und FDP stattgegeben. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wollte die Haushälter im Abgeordnetenhaus nur alle zwei Jahre über Finanzrisiken und Projekte der nächsten Zeit informieren – der Senat beschließe ja Doppelhaushalte, so seine Argumentation.
Die Richter sehen das anders. Die mittelfristige Planung, die immer das laufende Jahr und die vier folgenden umfasst, verschaffe den Parlamentariern einen „Überblick über längerfristige finanz- und wirtschaftspolitische Zielvorstellungen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Diese Information sei auch in den Jahren wichtig, in welchen das Parlament kein Haushaltsgesetz absegnen muss.
Die Opposition bewertete die Entscheidung gestern positiv: „Gerade Berlin ist auf eine mittelfristige Planung angewiesen. Denn nur so kann der Senat verpflichtet werden, zukünftige Konsolidierungsmaßnahmen konkret zu benennen“, schreiben die Haushaltsexperten von CDU, Grünen und FDP in einer gemeinsamen Erklärung.
Der Streit hatte sich im Jahr 2004 entzündet. Das Abgeordnetenhaus hatte im April – rückwirkend zum Januar – den Doppelhaushalt für 2004/2005 verabschiedet. Der Finanzsenator lehnte den Antrag der FDP ab, eine Finanzplanung vorzulegen. „Damals gab es eine offene Rechtslage. Die Bundesländer gingen damit sehr verschieden um“, begründet Matthias Kolbeck, Sprecher der Finanzverwaltung. CDU, FDP und Grüne reichten deshalb Ende 2004 Klage beim Landesverfassungsgericht ein.
Nach Ansicht der Kläger kann das Parlament dem Senat jetzt genauer auf die Finger schauen. Sarrazin muss im kommenden Jahr in jedem Fall seine Planung offen legen. Die Abgeordneten erhoffen sich zum Beispiel Auskunft darüber, wie die Steuermehreinnahmen des Jahres 2007 verwendet werden, ob Rot-Rot den Personalabbau im öffentlichen Dienst fortsetzt oder mit welchem Geld Staatsoper oder ICC saniert werden.
Mit der Entscheidung erleidet Sarrazin erneut eine Schlappe vor Berlins höchstem Gericht. Die Opposition hatte bereits 2003 erfolgreich gegen den Doppelhaushalt 2002/2003 geklagt. Die Richter stuften ihn als verfassungswidrig ein, weil die Neuverschuldung weitaus höher lag als die Investitionen. ULRICH SCHULTE