Kommentar zur Härtefallkommission: Human im inhumanen System

10.000 Flüchtlinge bekamen in den letzten 20 Jahren dank der Härtefallkommission ein Bleiberecht. Ist das viel? Und vor allem: Ist das genug?

Die Zahl ist beeindruckend: Rund 10.000 Flüchtlinge in Berlin haben seit Gründung der Härtefallkommission vor 20 Jahren durch sie ein Bleiberecht bekommen. Damit steht Berlin bundesweit einzigartig da. Genaue Vergleichszahlen gibt es zwar nicht - aber die kann es auch gar nicht geben, weil in anderen Bundesländern oft erst viel später Härtefallkommissionen eingerichtet wurden. Berlin war also von Beginn an Vorreiter.

Auch die Statistiken aus den letzten Jahren sprechen für sich: So bekamen laut einer Aufstellung von amnesty international in den Jahren 2005 bis 2008 in Berlin 1.551 Menschen ein humanitäres Bleiberecht durch die Kommission - mehr als in jedem anderen Bundesland. Im zweitplatzierten Baden-Württemberg etwa waren es nur 1.104.

Allerdings zeigt diese Statistik auch: Innensenator Ehrhart Körting (SPD) lehnte zwischen 2005 bis 2008 knapp 40 Prozent der Härtefallanträge der Kommission ab. Vor allem Menschen, die eine - und sei sie noch so kleine - Straftat begangen haben, bekommen von ihm grundsätzlich kein Bleiberecht. Auch wenn das dazu führt, dass sie von ihren Familien getrennt werden oder sogar die ganze Familie ohne Aufenthaltsrecht dasteht. Da könnte der Senator, der die letzte Entscheidungsgewalt in der Kommission hat, ruhig etwas mehr Humanität walten lassen.

Seit Gründung der Berliner Härtefallkommission vor 20 Jahren haben in Berlin rund 10.000 Flüchtlinge durch die Ersuchen der Kommission ein Bleiberecht erhalten. Die erfolgreiche Arbeit zeige, dass im Interesse der Betroffenen humanitäre Lösungen gefunden werden konnten, erklärte der Berliner Flüchtlingsrat am Montag in Berlin. "So konnten sogar Menschen ohne Papiere durch die Ersuchen der Kommission zu einem Aufenthaltsrecht kommen."

Seit der ersten Sitzung im August 1990 traf die Kommission insgesamt zu rund 300 Sitzungen zusammen. Dem siebenköpfigen Gremium gehören Vertreter der Kirchen, von Flüchtlingsinitiativen und des Senats an. Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes Anfang 2005 haben die Bundesländer die Möglichkeit, aus humanitären Gründen unabhängig von allen Vorschriften eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen. Die Härtefallkommission gibt Empfehlungen ab, an die der Innensenator allerdings nicht gebunden ist. (epd)

Schließlich geht es bei deren Arbeit um nichts anderes: Sie ist eine humanitäre Notbremse für eine Ausländer- und Asylgesetzgebung, die zu weiten Teilen inhuman ist. Mit der man Menschen abschieben kann, obwohl sie lange hier leben und gut integriert sind. Obwohl sie krank oder alt sind. Obwohl sie hier Familie haben. Solange das so ist, müssen wir froh sein, dass es diese Kommission gibt.

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