: Eine vaterlose Gesellschaft
KATHOLIKEN Deutsche Bischöfe treffen sich zu ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Trier. Es geht um die Papst-Nachfolge – und die Rolle von Frauen in der Kirche
BERLIN taz | Nach dem Kölner Kardinal Joachim Meisner hat sich auch der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch für einen Kurswechsel bei der „Pille danach“ ausgesprochen. „Wenn es in der Diskussion unter den Bischöfen eindeutig wird, dass die „Pille danach“ nur zur Verhinderung einer Befruchtung nach einer Vergewaltigung eingesetzt werden kann, dann ist das ein Weg“, sagte Zollitsch am Montag dem Bayerischen Rundfunk (BR). Als legitimes Verhütungsmittel will er die Pille aber weiter nicht ansehen, betonte der Freiburger Erzbischof. „Sie kann kein Mittel der Familienplanung sein.“
In Trier tagt seit Montag die Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz. Der Auftakt ihres viertägigen Treffens wurde von Protesten begleitet: Das Aktionsbündnis „Aufklärung“ fordert, die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs durch katholische Geistliche an eine staatliche Organisation abzugeben.
Die 66 Mitglieder der Bischofskonferenz suchen in Trier bis Donnerstag auch nach einem neuen Umgang mit der „Pille danach“. Die Diskussion darüber war entbrannt, nachdem eine vergewaltigte Frau in zwei katholischen Krankenhäusern in Köln abgewiesen worden war. Zollitsch kündigte hierzu eine Klarstellung der Bischöfe an.
Außer um den Rücktritt des Papsts und dessen Nachfolge soll es in Trier auch um die Frage gehen, wie Frauen stärker in kirchliche Führungsämter eingebunden werden können. Die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK), Claudia Lücking-Michel, forderte etwa, dass sich die katholische Kirche künftig den Frauen öffnet. Wenn nicht bald klare Signale kämen, seien gerade junge Frauen „weg vom Fenster“, sagte sie dem Hessischen Rundfunk (HR). Die Zahl der Theologiestudentinnen sei bereits seit Jahren rückläufig. Dabei gebe es genug Führungsämter für Frauen, für die keine Priesterweihe nötig sei.
Die Bischöfe kennen außerdem eine Milieustudie, die das Beratungsinstitut der Bischofskonferenz im Januar vorgestellt hat. Danach gibt es in Deutschland kein einziges Milieu mehr, dass sich eindeutig mit seine Kirche identifiziert. Im Gegenteil: Sogar die traditionellen Milieus kritisierten in der Sinus-Studie die katholische Sexualmoral und die Rolle des Papstes.
Vier deutsche Kardinäle werden bald nach Rom fliegen, um im Konklave den Nachfolger Benedikts XVI. zu wählen: Kölns Kardinal Joachim Meisner, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki. Als fünfter Deutscher mitwählen darf Kardinal Paul Josef Cordes, der seinen Dienst bereits seit Langem in Rom versieht. Zollitsch rechnet damit, dass ein jüngerer Kandidat gewählt wird: „Höchstwahrscheinlich wird der neue Papst unter 70 sein – jedenfalls jünger als der jetzige.“
Ob der Einfluss Roms auf die deutsche Kirche mit dem Rücktritt Benedikts abnehmen wird, ist noch offen. Zuletzt waren die deutschen Bischöfe, die traditionell als aufmüpfig gegen Rom galten, sehr papsttreu aufgetreten. Ein neuer Papst, der aus einem anderen Land stammt, dürfte sich wohl weniger für Deutschland interessieren. Doch Benedikt hat die Deutsche Bischofskonferenz in seiner Amtszeit stark geprägt, indem er mit Marx und Woelki zwei so junge wie erzkonservative Geistliche zu Kardinälen ernannte. Der Münchener Kardinal Reinhard Marx gilt als kommender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und ist stramm linientreu: Als Amtsinhaber Zollitsch einmal das Zölibat für Priester in Zweifel zog, stauchte er ihn sogar öffentlich zusammen.
(mit dpa/afp/epd)