Bertelsmann-Stiftung reagiert auf Kritik: "Wir sind keine heimliche Regierung"

Kritiker werfen der Bertelsmann-Stiftung vor, sie habe zu viel politischen Einfluss. Nach anhaltendem Druck hat sich der Vorstand nun erstmals dazu geäußert.

Muss sich erklären: Stiftungsvorstand Gunter Thielen. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bertelsmann-Stiftung hat erstmals auf die Vorwürfe geantwortet, sie habe zu viel politischen Einfluss. "Wir sind keine heimliche Regierung. Das ist zu viel der Ehre", wischte Stiftungsvorstand Gunter Thielen kritische Nachfragen vom Tisch. Allerdings vergehe "kaum eine Woche, in der wir uns nicht mit Studien und Vorschlägen an wichtigen gesellschaftspolitischen Debatten beteiligen", sagt Thielen, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Bertelsmann AG ist, im Interview mit dem Handelsblatt.

Europas größter Medienkonzern - RTL (TV, Radio), Gruner + Jahr (Zeitschriften), Random House (Bücher), Avarto (Druck, Logistik) - steht seit langem unter Verdacht, über die Bertelsmann-Stiftung im Konzerninteresse Einfluss auszuüben. So engagiert sich die Stiftung schon seit Jahren bei der Reform des Bildungsystems, den Bereich Bildung hat nun auch der Konzern als potentielles Wachstumsfeld entdeckt. Außerdem spare der Konzern und seine Eignerfamilie, die Mohns, dank Gemeinnützigkeit der Stiftung nebenbei auch noch massiv Steuern. Solche Vorwürfe sind laut Thielen aber nur "Missverständnisse", die sich hartnäckig halten.

Der Stiftungschef reagiert mit dem Interview auf Thomas Schulers Buch "Die Bertelsmann-Republik", in dem der Autor die Arbeit der Stiftung kritisch analysiert. Schulers Buch habe den Blick der Öffentlichkeit auf die Bertelsmann-Stiftung aber nicht verändert, behauptet Thielen, der von 2002 bis 2008 selbst Bertelsmann-Vorstandschef war: "Die Rückmeldungen aus Politik und Gesellschaft sowie von unseren Projektpartnern zeigen, dass unserer Arbeit weiterhin großes Vertrauen und Interesse entgegen gebracht wird", sagt er. Und zeigt gleich darauf, wie die Krake Bertelsmann funktioniert: Man habe doch eben erst wieder "auf Initiative von Bundespräsident Wulff" ein neues Projekt zur Bürgerbeteiligung gestartet.

Dass sich Thielen allerdings überhaupt so detailliert zur Debatte äußert, ist ein Novum. Bislang wurden derlei Fragen konsequent weggebissen. Doch nachdem auch die Politik sich in die Diskussion eingeschaltet hat - die ehemalige Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) forderte in der taz eine Reform des Stiftungsrechts, um Konstruktionen wie bei Bertelsmann zu verhindern - muss die Stiftung reagieren. "Wir nehmen das Buch als Anregung, die Arbeit der Stiftung noch transparenter zu gestalten", sagt Thielen nun: "Alles kann man verbessern - auch die Bertelsmann-Stiftung".

Fragen nach der Macht seiner Chefin, Bertelsmann-Matriarchin Liz Mohn, mag Thielen allerdings immer noch nicht. "Wie meinen Sie das?" antwortet er im Handelsblatt-Interview auf die Frage, wie groß die Macht von Liz Mohn in Gütersloh sei. Für ihn sind die engen Verbandelungen der Eigentümerfamilie Mohn mit dem Konzern und seiner steuersparenden Stiftung logischerweise auch völlig unproblematisch.

Die Unternehmens- und Stiftunsstruktur sei zwar komplex, gibt Thielen zu, die verschiedenen Ebenen seien aber sauber und transparent voneinander getrennt. Nur an einem gibt es auch für den Stiftungschef nichts zu deuteln: Der im Herbst 2009 verstorbene Bertelsmann Patriarch Reinhard Mohn "hat seiner Frau Liz allerdings sein Vetorecht übertragen", so Thielen. Ohne seine Witwe, die in allen entscheidenden Gremien über Konzern wie Stiftung wacht, läuft in Gütersloh - nichts.

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