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Steigende TabaksteuernMehr, aber weniger

Die Tabaksteuern steigen, die Einnahmen durch sie sinken jedoch. Denn die Zahl der Raucher ist rückläufig. Und viele von ihnen kaufen im Ausland ein.

Tabak- und Mehrwertsteuer machen knapp 75 Prozent des Zigarettenpreises aus. Bild: dpa

BERLIN taz | Für Raucher wird es noch teurer: Die schwarz-gelbe Koalition will die Tabaksteuer deutlich erhöhen. Bis 2014 sollen die Kosten für eine Schachtel Zigaretten Jahr für Jahr um vier bis acht Cent steigen. Eine 40-Gramm-Packung Feinschnitt soll nächstes Jahr um 12 bis 14 Cent teurer werden.

Schon jetzt machen Tabak- und Mehrwertsteuer knapp 75 Prozent des Zigarettenpreises aus. Die Tabaksteuer steht allein dem Bund zu, der sich für das Jahr 2011 ein Plus von 200 Millionen Euro erhofft. Im Jahr 2012 sollen es 500 Millionen mehr sein, 2013 dann 700 Millionen und 2014 schließlich 800 Millionen zusätzlich.

Mit diesen Extraeinnahmen will die Regierung die Ausfälle bei der Ökosteuer kompensieren, die durch die Schonung der energieintensiven Industrie entstehen. Außerdem will man damit eine Vereinfachung der Einkommenssteuer finanzieren.

Allerdings muss diese Rechnung nicht aufgehen. Denn von 2000 bis 2005 wurde die Tabaksteuer achtmal erhöht, etwa für die Finanzierung des Sicherheitspakets oder der Gesundheitsreform. Trotzdem sinkt das Gesamtaufkommen. Im Jahr 2006 nahm der Staat 14,4 Milliarden Euro ein, 2009 waren es nur noch 13,4 Milliarden.

Denn die Raucher wissen sich zu wehren. Viele steigen von der Zigarette auf den geringer besteuerten Feinschnitt um. Vor allem aber nimmt der private Import aus dem Ausland zu. Dieser Grenzverkehr wird von der deutschen Zigarettenindustrie akribisch mit "Müllstudien" erforscht. Monatlich werden an 22 repräsentativ ausgewählten Entsorgungsstationen jeweils mindestens 500 Zigarettenschachteln eingesammelt - und überprüft, ob sie eine deutsche Steuerbanderole tragen. Dabei zeigt sich: Inzwischen stammen 21,5 Prozent der Zigaretten aus dem Ausland. Im Jahr 2005 waren es erst 14,1 Prozent. Auffällig ist das starke Ost-West-Gefälle. In grenznahen Regionen wie Dresden, Hof oder Berlin wird fast jede zweite Zigarette aus dem Ausland eingeführt - in Hamburg oder Stuttgart nur jede zehnte.

Die Raucher sind hierzulande eine schrumpfende Minderheit. Im Jahr 2009 rauchten 25,7 Prozent der Bevölkerung, wie der Mikrozensus ermittelte, 2005 waren es noch 27,2 Prozent. UH

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7 Kommentare

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  • N
    Nichtraucher

    Ich finde das man das skandinavische Land Norwegen als Vorbild nehmen soll! Sonst wird doch auch überall Skandinavien als Vorbild genommen, warum nicht auch bei den Zigarettenpreisen?

  • S
    sontag

    Ich habe nichts gegen Raucher. Ich sehe auch kein Problem darin, dass diese sich ihre Vorräte im Ausland günstig beschaffen. Zielkonflikte bei der Tabaksteuer als Steuerungsmittel und Einnahmequelle sind ohnehin dieser Steuer inhärent. Aber je teurer eine Schachtel Zigaretten durch Steuern gemacht wird, desto weniger junge Menschen fangen mit dem Rauchen an, weil sie sich dies von ihrem Taschengeld nicht leisten können.

  • C
    claussen

    Nicht nur dass Schwarz-Gelb (wieder mal) den kleinen Bürger für die sinnlose Energieverschwendung großer Konzerne zahlen lässt, es ist auch (wieder mal) ein Musterbeispiel für Kungelei mit Lobbyisten:

     

    Ist niemand aufgefallen, dass die Zigaretten-Industrie unglaublich still ist obgleich der Steuererhöhung? Liegt einfach daran, dass deren Lobbyisten selber an der Ausarbeitung beteiligt waren und einen wichtigen Punkt für sich durchgesetzt haben, nämlich den Abstand zwischen Steuern auf Zigaretten und Feinschnitt für Selbstdreher. Dadurch dass man den Aufschlag für Feinschlag doppelt so hoch macht, wie auf Industrie-Zigaretten, profitiert die Zigarettenindustrie sogar, da es dann nicht mehr so luktrativ ist, selber zu drehen und dadurch faktisch wieder mehr Selbstdreher zu Zigarettenkäufern werden - und die Zigarettenindustrie unterm Strich keinen wirklichen Verlust hat.

  • A
    alcibiades

    Mal sehen, ob nicht doch noch eine Steuer extra aufs Brot erhoben wird, da könnte man wahrscheinlich Eon, Vattenfall und Konsorten die Steuererklärung weiter vereinfachen. Die Merkel ist einfach nicht radikal genug.

  • E
    EnzoAduro

    Versteh ich nicht. Jahrelang behauptet die FDP das die Steuereinnahmen sinken wenn die sätze steigen. Und in dem einzigen Feld wo das empierisch belegt ist erhöhen Sie die Steuern.

     

    Nebenbei, gut kein humaner Ansatz, steigen die kosten wenn weniger Rauchen. Erstens für die Rente weil Nichtraucher länger leben. Und zweitens wegen der Krankenversicherung, weil Raucher sterben bevor sie teuere Alterspatienten werden. Beides belegt. Ach ja und Nichtraucher zahlen keine Tabaksteuer.

  • M
    Mac-Lennox

    Wenn man so liest, wofür RaucherInnen so zur Kasse gebeten werden (Sicherheit, Gesundheit etc.), kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass wir es hier mit sehr sozialen Menschen zu tun haben. Und das obwohl die öffentliche Meinung häufig etwas anderes sagt.

     

    Aufgrund meines Wohnortes im Land Brandenburg kann ich sagen, dass die Marke "Jin Ling" durch die Marke "Fest" - in kyrillischen Buchstaben - abgelöst wurde. Selbstverständlich ist sie ein Verkaufsschlager, wenn eine Packung Zigaretten mit deutscher Steuerbanderole bei nahezu 5 Euro liegt. Zudem sind die öffentlichen Verkaufsorte über die Stadtgrenzen hinweg bekannt.

  • G
    Gerd

    Passt doch wenn weniger rauchen, war von der Regierung zwar nicht so beabsichtigt aber auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.

     

    (Oder hat Rösler seine Lobby-Finger im Spiel um die Krankenkassen von den Rauchern zu entlasten!?)