: Ärger mit dem „Scheißverein“
Er ist schon ganz weit unten, aber es geht noch tiefer: Stefan Mappus wurde zum ersten Mal in der Geschichte Baden-Württembergs als CDU-Ministerpräsident abgewählt und muss sich seit Monaten wie ein Krimineller vor dem EnBW-Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag rechtfertigen. Nun droht dem 46-Jährigen auch noch der Parteiausschluss.
Grund ist eine SMS, die der Politiker vor knapp einem Jahr verschickt haben soll. Angeblich lästert er darin über seine Partei und schreibt, er habe „gute Lust, aus diesem Scheißverein auszutreten“. Empfänger war wohl der Investmentbanker Dirk Notheis, der ebenfalls in die EnBW-Affäre verwickelt ist. Die SMS soll in Akten der Staatsanwaltschaft aufgetaucht sein, die wegen Untreue gegen den Politiker ermittelt.
Mappus ließ die Äußerung zwar als „nicht zutreffend“ dementieren, dennoch brodelt es nun in der baden-württembergischen CDU. Führende Landespolitiker wollen dem Ex-Ministerpräsidenten seinen Wunsch erfüllen und legen ihm den Parteiaustritt nahe. Fraktionschef Peter Hauk sagte, Mappus sei der CDU „nicht länger zuzumuten“.
Die SMS mag als Ausrutscher abgetan werden, aber um klare Worte war Mappus noch nie verlegen. Über den Christopher Street Day sagte er, die Organisatoren versuchten auf „abstoßende Art und Weise, eine Woche lang Veranstaltungen durchzubringen, die wir ablehnen“.
Auch in der Atompolitik oder dem Streit über Stuttgart21 sind Mappus’ Positionen von einer Rücksichtslosigkeit geprägt, die sich ein CDU-Ministerpräsident wohl nur in Baden-Württemberg leisten kann. Mehr als 50 Jahre lang hat die Union regiert, musste nicht um den Wahlsieg fürchten. In der Partei ging es darum, wer der beste Konservative ist.
Mappus hat sich hochgearbeitet, wurde mit 43 Jahren Ministerpräsident. Doch dann stürzte er ab, verlor bei der Landtagswahl 2011 gegen den Grünen Winfried Kretschmann. Mappus zog sich aus der Politik zurück, ging zum Pharmakonzern Merck, wollte als Manager nach Brasilien. Er wurde aber von der EnBW-Affäre eingeholt und gab seinen Job auf, um sich vor dem Untersuchungsausschuss zu verteidigen. Nun kämpft er um sein Parteibuch. FELIX WERDERMANN