Oldenburgs China-Connection: Kleine Stadt ganz groß

Die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zu China ist nicht nur in Hamburg ein großes Thema. Im Nordwesten Niedersachsens betreibt die Stadt Oldenburg seit Jahren eine eigene China-Politik - doch die ist in der Stadt umstritten.

Das Schloss in Oldenburg. Bild: dpa

Wer die Website "china.oldenburg.de" aufruft, bemerkt sogleich das Selbstbewusstsein, das bei ihrer Gestaltung Pate stand. Einträchtig stehen da der Oldenburger Schlossplatz und die Verbotene Stadt in Peking beieinander, flankiert von den Umrissen Chinas und Niedersachsens, die entgegen aller Maßstabstreue etwa gleich groß dargestellt sind. Seit 2007 sucht die 160.000-Einwohner-Stadt die Partnerschaft zum Riesenreich - der Erfolg ist bislang allerdings eher als bescheiden zu bezeichnen.

Das forcierte Kuscheln Oldenburgs mit dem Reich der Mitte begann, als die Kommunalwahl des Jahres 2006 den bis dato in der Stadt unbekannten Marketingprofessor und Ex-Grünen Gerd Schwandner ins Amt des Oberbürgermeisters spülte. Schon bald entfaltete der bekennende China-Fan eine rege Aktivität: Oldenburg hat mittlerweile ein China-Büro, eine China-Iniitiative und einen China-Roundtable. In den Kultureinrichtungen laufen zurzeit Ausstellungen und Events unter dem Leitthema "China-Begegnungen". Da ist es nur konsequent, wenn sich die Stadt auf ihrer Website neben Englisch und Niederländisch auch auf Chinesisch präsentiert.

Die meisten Einwohner Oldenburgs nahmen die aufgesetzte China-Begeisterung eher stirnrunzelnd bis amüsiert zur Kenntnis. Ob Oldenburg denn auch eine eigene Botschaft in Peking eröffnen würde, wurde da gewitzelt. Und die lokale Nordwest Zeitung lästerte, der OB wolle demnächst auch Reisfelder vor der Stadt anlegen.

Die Zeit der Späße scheint indes vorüber zu sein: das Thema ist politischer Zankapfel. Denn das Kernanliegen der China-Aktivitäten ist - wie in Hamburg - das Knüpfen wirtschaftlicher Kontakte, wofür der OB eine umfangreiche Reisediplomatie betreibt. Schließlich, erklärt Schwandner immer wieder, laufe in China alles über die Verwaltung und die Politik - Besuche Oldenburger Delegationen, seit einiger Zeit auch gemeinsam mit der niederländischen Partnerstadt Groningen, nähmen da eine wichtige Türöffnerfunktion für Unternehmen ein.

Diese Tür werde allerdings reichlich oft geöffnet, moniert der Stadtrat angesichts der auflaufenden Reisekosten. Zumal bislang nicht viel Zählbares dabei herausgekommen ist. Dank seiner Bemühungen befinde sich Oldenburg befinde inzwischen "auf der chinesischen Landkarte", wird Schwandner nicht müde zu betonen - was genau die Stadt davon hat, bleibt indes recht vage, wie der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, Kurt Bernhard, sagt: "Wir sehen nach wie vor keinen Effekt."

Zwar hat etwa das Technologie- und Gründerzentrum TGO, in Sachen Innovation eine Vorzeigeeinrichtung der "Übermorgenstadt", wie sich Oldenburg stolz nennt, einen Technologiepark in Xuzhou als Kooperationspartner gewinnen können. Der groß angekündigte Bau einer Ökosiedlung in Huaxi unter Beteiligung von Oldenburger Firmen ist allerdings im Frühjahr spektakulär geplatzt. Was das Verhältnis zwischen dem OB und der gegen ihn stehenden Ratsmehrheit nicht gerade verbessert hat - erst im Sommer wurde wieder hitzig über Sinn und Unsinn der städtischen Chinadiplomatie gestritten.

Was die Menschenrechtslage in China angeht, gibt sich der OB weitaus zugeknöpfter als in wirtschaftlichen Fragen. "Ich muss nicht propagandamäßig und lehrmeisterhaft den Chinesen erzählen, was sie zu machen haben", sagte Schwandner in einem Interview mit der Nordwest Zeitung und hielt Kritikern entgegen, man könne Gespräche nun einmal "nicht damit beginnen".

Wann er allerdings "damit" beginnen wird, bleibt im Dunkeln: Eine kürzlich vom Rat verabschiedete Resolution zur Freilassung des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo mochte der OB nicht mittragen. Die China-Begeisterung hat bisweilen doch ihre Grenzen.

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