Türkische Offiziere vor Gericht: Der Verschwörung angeklagt

In Istanbul wird seit Donnerstag ranghohen Militärs der Prozess gemacht. Angeblich wollten sie durch Anschläge die AKP-Regierung von Tayyip Erdogan stürzen.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (links) und sein Stellvertreter Bulent Arinc wittern Putschgefahr. Bild: ap

ANKARA taz | Der erste Mammutprozess der Türkei gegen hohe Militärs, die angeblich gegen die Regierung Erdogan putschen wollten, hat gestern begonnen. Der Prozess ist nicht öffentlich, aber Beobachter vor dem Gerichtsgebäude berichteten, dass zum Auftakt gleich die beiden Hauptbeschuldigten in den Saal geführt wurden. Es handelt sich um den ehemaligen General der Ersten Armee, Cetin Dogan, die traditionell in Istanbul stationiert ist, und den früheren Chef der Luftwaffe, Ibrahim Firtina. Beiden wirft die Anklage vor, die Inspiratoren und Chefplaner eines Putschversuchs gewesen zu sein, mit dem 2003 die kurz zuvor ins Amt gekommene Regierung der religiös geprägten AKP unter Ministerpräsident Tayyip Erdogan gestürzt werden sollte.

Der Prozess findet in Silivri, einem Vorort von Istanbul statt, in einem eigens dafür gebauten Hochsicherheitstrakt. Außer den beiden Generälen sitzen 194 weitere hohe und höchste Militärs, teils noch im aktiven Dienst, zumeist aber bereits ausgeschieden, auf der Anklagebank. Das Szenario des Putsches habe vorgesehen, durch Anschläge auf ein Militärmuseum und auf große Moscheen die innenpolitische Lage zu destabilisieren. Außerdem wollte man ein eigenes Kampfflugzeug über der Ägäis abschießen und den Vorfall den Griechen in die Schuhe schieben, um auch außenpolitischen Alarmstimmung zu erzeugen. Anschließend sollte das Militär die Ruhe wiederherstellen.

Das Ganze kam über das Planungsstadium nicht hinaus und wurde schon vor Jahren bekannt, weil einer der beteiligten Admirale ein Tagebuch darüber führte, das später an die Öffentlichkeit kam. Die Tageszeitung Taraf bekam vor zwei Jahren die konkreten Putschpläne zugespielt und brachte sie groß heraus.

Die Angeklagten behaupten nun, es hätte sich bei den Plänen mit dem Codenamen "Vorschlaghammer" nur um Pläne zu einer hypothetischen Gefahrenabwehr gehandelt. Doch das klingt wenig glaubhaft. Es ist längst bekannt, dass der Putschversuch vor allem deshalb nicht zustande kam, weil der damalige Generalstabschef Hilmi Özkök als Demokrat, der das Primat der Politik akzeptierte, dagegen war. Trotzdem behaupten Kritiker, angebliche Beweise seien gefälscht worden. In Wahrheit ginge es darum, laizistische politische Gegner der AKP auszuschalten.

Tatsächlich hat es bei den Ermittlungen gegen mutmaßliche Putschisten - in diesem und anderen Verfahren - immer wieder höchst zweifelhafte Verhaftungen gegeben. Diese gaben Gerüchten, hier ginge es vor allem um eine politische Abrechnung, neue Nahrung. Auch jetzt gibt die Justiz wieder Anlass zu Zweifeln: Gerade mal zwei Tage vor Prozessbeginn wurde der Vorsitzende Richter ausgetauscht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.