Mitbestimmung: Beißprobe fürs Beiratsgesetz

Ein geplanter Beton-Schredder am Waller Feldmarksee sorgt für Unmut. Der Streit um ihn wird zeigen, was die erweiterten Rechte der Beiräte tatsächlich taugen

Die Ruhe trügt. Bald schon könnte hier im Hintergrund eine Schredder-Anlage lärmen. Bild: Michael Bahlo

Die neue Gegnerin des Waller Beirats hat schon so manchen Brocken kleingekriegt: Ganze Betonplatten zermalmt die Schredder-Anlage, die das Bremer Transport- und Entsorgungsunternehmen Siedenburg im Grünland zwischen Blockland-Deponie und Waller Feldmarksee aufstellen will, mühelos zu schottergroßen Stücken. Doch die Ortspolitiker aus Walle sind gewillt, das lärmende Monster um jeden Preis zu verhindern. "Das ist ein Naherholungsgebiet", stellt Wolfgang Golinski, Sprecher des Bauausschusses im Beirat Walle, klar. Der Steinbrecher aber, so steht es im Lärmgutachten, ist laut wie ein startender Düsenjäger. "Wir sind zu allem bereit", sagt Golinski.

Der Streit um die Genehmigung könnte zu einer Nagelprobe werden - für das neue Beirätegesetz. Das gibt den Beiräten mehr Mitbestimmungsrechte. Und die Waller sind entschlossen, diese auch zu nutzen. Erteilt das Bauressort trotz ihres Neins eine Genehmigung, wollen sie die Stadtbürgerschaft mit dem Thema befassen. Dann, drückt es Ortsamtsleiter Hans-Peter Mester aus, werde sich zeigen, "ob die Waffen stumm sind oder scharf".

Siedenburg-Prokurist Andreas Albrecht kann die Aufregung über den neuen Standort seiner Firma nicht ganz nachvollziehen. Das Gelände dort sei seit Jahrzehnten für Abfallbehandlungsanlagen und Deponien ausgewiesen, Feldmarksee hin oder her. "Da kann sich jetzt niemand hinstellen und sagen: ,Das will ich nicht.'", findet er. Das Grundstück solle zudem in erster Linie als Zwischenlagerfläche für den Bauschutt dienen. Die mobile, auf einen Sattelschlepper passende Schredderanlage solle jeweils nur bei Bedarf angemietet und aufgestellt werden. Von einer Lärmbelästigung der Erholungssuchenden könne beim geplanten "sporadischen" Schredderbetrieb keine Rede sein: "Das entbehrt jeglicher Realität." Vom See aus werde man die Anlage nur hören, wenn es ansonsten ruhig sei - angesichts der nahen Autobahn ein eher seltener Zustand.

Den Waller Beirat konnte das bisher nicht überzeugen. Den geplanten drei Meter hohen Lärmschutzwall "kann man vergessen", sagt Golinski. Und dass am See, wie es im Gutachten steht, mit 47 Dezibel nur ein Tausendstel des Düsenjägerlärms ankommen sollen, der an der Maschine selbst zu messen ist, glaubt er nicht.

Kommende Woche muss Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) in der Stadtbürgerschaft zu dem Projekt Rede und Antwort stehen. Eine Absage wird er kaum verkünden. Denn laut Gutachten hält die Anlage alle relevanten Lärm- und Staubgrenzwerte ein. Immissionsschutzrechtlich ist sie damit nicht zu verhindern - Siedenburg hat vielmehr einen Anspruch auf eine Genehmigung. Baurechtlich sieht es nicht viel besser aus: Im Flächennutzungsplan ist das Gebiet für Abfallentsorgungsanlagen vorgesehen, der Bebauungsplan Nr. 890, noch von 1975, erlaubt die "Verwertung von festen Abfallstoffen" und deren Ablagerung. Zwar hat die Baubehörde, nach dem Protest aus dem Beirat, eine erneute "baurechtliche Prüfung" eingeleitet. Sie wird, wie Sprecher Michael Ortmanns ankündigt, auch das im Beirätegesetz vorgeschriebene Einigungsverfahren durchführen.

Die Genehmigung wird das kaum verhindern. Dazu nämlich müsste die Bürgerschaft den Bebauungsplan ändern. Laut Ortmanns ist das bisher nicht geplant. Die Behörde hofft vielmehr auf einen anderen Ausweg: ein Grundstück auf der anderen Seite der Deponie - weiter weg vom See.

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