Proteste in Jemen und Oman: Zehntausende demonstrieren in Jemen

Präsident Saleh versucht, seine Gegner zu beschwichtigen. Auch im Sultanat Oman und wird demonstriert. Bundespräsident Wulff kritisiert den deutschen Umgang mit Autokraten in Nahost.

Demonstranten vor der Universität Sanaa. Bild: reuters

SANAA/TRIPOLIS/BERLIN afp/dpa/rtr | In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa sind am Dienstag erneut zehntausende Menschen auf die Straße gegangen und haben den Rücktritt von Präsident Ali Abdallah Saleh gefordert. Die Demonstranten blockierten Beobachtungen eines AFP-Reporters zufolge drei Straßen, die zur Universität Sanaas führen. "Das Volk will den Sturz des Regimes, das Volk will den Rücktritt von Ali Abdallah Saleh", riefen die Menschen in Sprechchören. Die Demonstranten folgten einem Aufruf der Opposition zu einem "Tag des Zorns".

In seiner Not schlägt Präsident Saleh jetzt auch auf seine amerikanischen Verbündeten ein. In einer Rede vor Professoren und Studenten der Sanaa-Universität sagte er am Dienstag: "Sie (die Proteste) werden vom Weißen Haus gesteuert, und das Kontrollzentrum für die Destabilisierung der arabischen Welt ist in Tel Aviv."

Saleh, der bisher ein Verbündeter der USA im Kampf gegen den islamistischen Terror war, warf US-Präsident Barack Obama vor, er mische sich in die inneren Angelegenheiten der Araber ein. "Ist Obama der Präsident der Vereinigten Staaten oder ist er der Präsident der arabischen Staaten?", fragte er. Die Proteste der Opposition in seinem Land seien "nur ein Versuch", die Revolten in anderen arabischen Ländern zu imitieren. "Der Jemen ist weder Tunesien, noch Ägypten und das jemenitische Volk ist anders", sagte Saleh und erneuerte seinen Aufforderung der Opposition zu einem Dialog.

Saleh ist seit 1978 an der Macht. Er will 2013 nicht für eine weitere Präsidentschaft kandidieren. Der Jemen ist das Zentrum von al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel. Separatisten des 1990 vereinigten Landes fordern die erneute Abspaltung des Südens vom Norden. Bei den Protesten im Jemen wurden bislang über ein Dutzend Menschen getötet.

Angst vor Protesten in Saudi-Arabien

Seismografisch reagierte die saudische Börse gestern auf ein mögliches Übergreifen der Proteste auf das Königreich Saudi-Arabien. Der Index verlor 7,7 Prozent und notierte so niedrig wie im Sommer 2009. Die fast panische Reaktion setzte ein, nachdem berichtet wurde, dass ein schiitischer Geistlicher im Osten des Landes festgenommen worden war. Dieser hatte in seiner Predigt eine konstitutionelle Monarchie und ein Ende von Diskriminierung und Korruption gefordert und war noch vor Beendigung der Rede festgesetzt worden.

Die schiitische Minderheit in Saudi-Arabien lebt zum größten Teil im Osten des Landes. Sie macht rund 15 Prozent der 18 Millionen Einwohner aus. Das saudische Herrscherhaus befolgt die besonders strenge wahhabitische Auslegung des Islam. Für den 11. und den 20. März haben Aktivisten über Facebook zu Protesten aufgerufen.

Proteste in Oman

Im benachbarten Sultanat Oman gingen die Proteste gegen die absolutistische Macht von Sultan Kabus bin Said auch am Dienstag weiter. In der Hafenstadt Sohar blockierten rund 300 Menschen die Zufahrt zum Hafen sowie die Verbindungsstraße in die Hauptstadt Muskat. Nach Berichten von Augenzeugen setzte die Armee gepanzerte Fahrzeuge ein, um die Demonstranten zu vertreiben. Bei Zusammenstößen am Wochenende waren nach Angaben von Beobachtern bis zu sechs Personen getötet worden, als eine Menge eine Polizeistation in Brand setzte.

Sultan Kabus bin Said hatte 1970 die Macht von seinem Vater, der die allgemeine Schulbildung untersagt hatte, übernommen. Parteien sind noch immer verboten. Das wüstenreiche Land liegt strategisch bedeutsam an der Tankerroute am Persischen Golf.

Wulff kritisiert deutschen Umgang mit Autokraten

Bundespräsident Christian Wulff sieht Fehler im Umgang Deutschlands und Europas mit den autokratischen Regierungen in Nordafrika und am Golf. Es seien Systeme positiv eingeschätzt hatten, "die ein kritischeres Wort verdient gehabt hätten", sagte das Staatsoberhaupt am Dienstag im Deutschlandfunk. In Europa sei mancher Staat für stabil gehalten worden, der sich nun als völlig instabil herausgestellt habe. Grund seien korrupte und reformunfähige Staatsführungen gewesen.

Mit Blick auf die Aufstände gegen autokratische Regierungen in Nordafrika forderte Wulff: "Wenn Gewalt gegen friedliche Demonstranten angewandt wird, wenn Polizei oder Militär auf friedliebende Menschen schießen, dann müssen wir den Kontakt unterlassen." Deswegen habe er auf seiner jüngsten Nahost-Reise auch nicht Bahrain besucht. Er bekräftigte, Libyens Machthaber Muammar Gaddafi habe jegliche Legitimation verloren.

Wulff wandte sich jedoch gegen einen generellen Bann gegen undemokratische Staaten: "Einfach zu sagen, bei all den Ländern, die nicht unseren Vorstellungen entsprechen, machen wir einen weiten Bogen da herum, das wäre eine völlig falsche Strategie."

Die Lage in Libyen bleibt explosiv. Aufständische bewaffnen sich, um mögliche Angriffe der Truppen von Staatschef Muammar al-Gaddafi abzuwehren und die USA bewegen Truppen in Richtung der Grenzen des nordafrikanischen Landes.

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