„ ... so antworten Sie mit Ja“

„Ja, ich will“ – mit diesen Worten soll die schönste Zeit des Lebens beginnen. Wer lieber „Nein, aber ich muss“ gesagt hätte, erlebt häufig eine Tortur. Das betrifft vor allem MigrantInnen. Und immer mehr engagieren sich dagegen

Über 200 Fälle erzwungener Eheschließungen oder Verlobungen wurden in Berlin im vergangenen Jahr bekannt. Davon betroffen waren überwiegend Frauen und Mädchen türkischer Herkunft. Seit Anfang des Jahres kann das Erzwingen einer Eheschließung als besonders schwerer Fall von Nötigung mit Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Außer der CDU fordern alle Parteien weiter gehende Gesetzesänderungen. Dabei geht es insbesondere um die Verbesserung der Aufenthaltsbestimmungen für diejenigen Opfer einer Zwangsheirat, die erst durch die Eheschließung nach Deutschland gekommen sind. Außerdem soll die Rückkehrfrist für diejenigen verlängert werden, die wegen einer Zwangsheirat ins Ausland verbracht worden sind.

„Eine tolle Idee“ seien solche Gesetzesvorlagen, meint Ipek Ipekcioglu, in Berlin besser bekannt als DJ Ipek. Denn so würde klar, dass es sich bei Zwangsverheiratungen um Verbrechen handele. Noch wichtiger sei aber Aufklärung.

Gemeinsam mit anderen aus der Türkei und dem Iran stammenden Künstlerinnen hat sie sich deshalb einer von der PDS-Abgeordneten Evrim Baba ins Leben gerufenen Initiative angeschlossen. Mit Zeitungsanzeigen und öffentlichen Auftritten wollen die Frauen gegen Unterdrückung und Gewalt protestieren. „Dass es Frauen wie uns gibt, zeigt ja, dass es möglich ist, auch als Migrantin frei und selbstbestimmt zu leben“, sagt Evrim Baba, „und dennoch respektiert zu werden.“

Zwangsverheiratungen oder Fälle wie der Mord an Hatun Sürücü seien schrecklich, sagt DJ Ipek. Aber es seien auch Einzelfälle: 90 Prozent der türkischen Zuwanderer lehnten solche Taten ab. Die Fraueninitiative soll die Übrigen erreichen, vor allem aber junge Frauen ermutigen, über ihr Leben selbst zu entscheiden.

Und auch junge Männer: denn sie sind in Fällen von Zwangsehen keineswegs immer nur Täter. „Mitunter kommt es vor, dass homosexuelle Männer gegen ihren Willen verheiratet werden“, sagt Hakan Tas. So wollen die Familien deren sexuelle Orientierung verheimlichen oder gar bekämpfen.

Tas ist einer der Migrantenvertreter im Berliner Integrationsbeirat und Gründer einer Organisation von Schwulen und Lesben, die aus der Türkei stammen. Er baut gemeinsam mit einem islamischen Geistlichen, dem deutschen Imam Mohammed Herzog, eine Männerinitiative gegen Zwangsheirat auf. „Wir sind aber keine Homo-Initiative“, sagt Tas. Denn auch heterosexuelle Männer seien von Zwangsverheiratungen betroffen. „Bei der berühmten Cousinenheirat wird der Cousin ja meistens auch nicht gefragt.“ ALKE WIERTH