Streit der Woche zum Libyeneinsatz: "Deutschland hätte zustimmen müssen"

Die Staatengemeinschaft muss in Libyen eingreifen, sagt Kerstin Müller von den Grünen. Konstantin Kosatschew vom russischen Parlament findet die Operation "antilibysch".

Schlecht ausgerüstete Rebellen: "Dieser Einsatz wird mehr Menschen töten, als er retten kann." Bild: dpa

Eine Woche nach der Abstimmung im Weltsicherheitsrat nennt Kerstin Müller die Enthaltung der Bundesregierung im Streit der Woche der sonntaz eine "schwerwiegende Fehlentscheidung": Deutschland habe Europa gespalten und international an Glaubwürdigkeit verloren. Man müsse Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht nur anprangern, sondern auch entsprechend handeln. Dabei legt Müller Wert darauf, dass die Resolution der UN nicht per se einen Angriff gegen Gaddafi rechtfertige, sondern Maßnahmen legitimiere, die den Schutz der Zivilbevölkerung sicherstellen.

Genau das sieht der Duma-Abgeordnete Konstantin Kosatschew anders. Russland hätte am liebsten eine komplett neue Resolution, schreibt er der sonntaz. Sein Land habe sich aus zwei Gründen der Abstimmung enthalten: Einerseits wolle man eine humanitäre Intervention unterstützen, andererseits sehe man den Einsatz der Koalition klar als parteiisch zugunsten der Aufständischen und damit als Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates.

Der norwegische Mathematiker, Soziologe und Friedensforscher Johan Galtung hingegen sieht das Problem nicht so sehr im Einsatz selbst, sondern darin, wie er begründet wird: Er glaubt, dass die Alliierten auch vom libyschen Öl angelockt werden – und wirft der UN vor, nur gegen ihre Feinde zu intervenieren. Zudem sieht er die Gefahr, dass die Operation "Odyssee Morgendämmerung" den Auftakt zu einem weiteren, langjährigen Krieg darstellen könnte. "Dieser Einsatz wird mehr Menschen töten, als er retten kann", schreibt er.

Auch taz.de-Leser Rainer Winters versteht nicht, warum der Sicherheitsrat den Einsatz in Libyen legitimiert, während weltweit andere Konflikte außer Acht gelassen werden: "Wie wäre es mit dem Sudan (nur Wüste?), mit der Elfenbeinküste (nur Kakao?), mit dem Iran (Armee zu stark?)?" fragt er in seinem Kommentar auf taz.de.

Kritisch bewertet den Einsatz der "Koalition der Willigen" auch Ensam Kalamo Salam, Aktivist aus Kairo: "Auf keinen Fall darf er wirtschaftliche Ziele verfolgen – das würde die Kluft zwischen den Menschen in arabischen Ländern und der EU und USA weiter vertiefen." Warum er sich dennoch für den Einsatz ausspricht, lesen Sie im Streit der Woche in der aktuellen sonntaz.

Dort diskutieren außerdem Norman Paech, Völkerrechtler und ehemals außenpolitischer Sprecher der Linken, und taz-Leser Stefan Göpke.

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