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Archiv-Artikel

„Archäologischer Mist“

VORTRAG Das Projekt „Vorgeschichtsforschung in Bremen unterm Hakenkreuz“ wird vorgestellt

Von eib
Uta Halle

■ 56, ist Professorin für Ur und Frühgeschichte an der Uni Bremen, Abteilungsleiterin am Focke-Museum und Landesarchäologin.

taz: Frau Halle, können Sie heute neue Erkenntnisse über Ernst Grohne, einen Ihrer Vorgänger und ehemaliger Direktor des Focke-Museums, vorstellen?

Uta Halle: Ja, wir wissen jetzt, dass seine Ernennung zum Bremer Landesarchäologen die letzte Entscheidung des demokratisch gewählten Senats war. Er wurde zwar erst 1933 ernannt, die Entscheidung war aber schon 1930 gefallen.

Und wissen Sie, warum das Reichserziehungsministerium ihn nicht zum Professor berief?

Nein, das haben wir leider nicht herausbekommen können. Wir wissen zwar, dass der Antrag aus Bremen unterstützt wurde, haben aber keine Unterlagen aus dem Erziehungsministerium.

Ist das wichtig zu wissen?

Ja, weil anderen der Professorentitel hinterher geworfen wurde, Leute aus der der völkischen Laienbewegung, die archäologischen Mist gemacht haben, anders kann man das nicht nennen.

Aber Grohne hat auch nicht immer ganz sauber gearbeitet, wenn es darum ging, die Archäologie für den Nationalsozialismus nutzbar zu machen, oder?

Wir wissen, dass er nicht so unpolitisch war, wie man es lange gedacht hat. So hat er zum Beispiel in den Mahndorfer Gräberfeldern gefundene Urnen, auf denen Hakenkreuze abgebildet waren, auf das Titelbild des German Erbe, einer NS-Zeitschrift, gebracht. Aber man muss sagen, dass er es wesentlich ruhiger angegangen ist als andere.

Hat er gezielt gegraben, um Beweise für die Überlegenheit der „Germanen“ zu finden?

Nein, er hat ausschließlich Notgrabungen gemacht, neben der Mahndorfer Grabung noch zwölf weitere.

Mahndorf war auch eine Notgrabung?

Ja, die Mahndorfer Düne war abgetragen worden, weil man den Sand für den Bau der A 1 brauchte. Das führte zu einer der bedeutendsten Grabungen auf einem Gräberfeld mit Brand und Körperbestattungen aus dem 3. bis 8. Jahrhundert nach Christus.

Es gibt in der Nähe Funde von Siedlungen.

Und wir würden diese beiden Funde zu gerne mal zusammenführen und auswerten! Beispielsweise prüfen, ob sich die gefundenen Keramiken ähneln.

Was hindert Sie?

Wir sind ständig mit Rettungsgrabungen auf Baustellen beschäftigt, wir kommen einfach nicht dazu.  Interview: eib

Vortrag: 19 Uhr, Festsaal der Bürgerschaft, kostenlos