Unternehmer zur Energiewende: "Kohle und Gas sind die Gewinner"

Die Erneuerbaren werden keinen Boom erleben, fürchtet der Unternehmer Matthias Willenbacher. Die Bundesregierung habe viel mehr ein Interesse, die Erneuerbaren zu bremsen.

Heizkraftwerk in der Ukraine. Dort weiß man auch, wie es ist, wenn Russland im Winter den Gashahn abdreht. Bild: ap

taz: Herr Willenbacher, werden Sie derzeit oft als einer der Gewinner der Energiewende beglückwünscht?

Matthias Willenbacher: Das schon. Allerdings bin ich es nicht, falls die Bundesregierung das umsetzt, was sie plant. Vor Fukushima wollte sie, dass im Jahr 2020 35 Prozent des Stromes in Deutschland aus erneuerbaren Energien kommt. Nach Fukushima will sie ebenfalls 35 Prozent, allerdings ohne Atomkraft.

Das heißt?

Angela Merkel müsste sich hinstellen und sagen: Wir ersetzen Atomkraft durch Strom aus Kohle und Gas. Das sind die Gewinner der sogenannten Energiewende, nicht wir. Erneuerbare Energien werden überhaupt keinen Boom erleben mit den neuen Gesetzen. Das ist in der Öffentlichkeit nicht angekommen. Die Förderung für Windenergie an Land und Solarkraft wird per Rasenmähermethode gekürzt.

Wäre es nicht für die Akzeptanz der Erneuerbaren wichtig, auch zu kürzen?

Das stimmt, der erneuerbare Strom muss möglichst günstig sein. Aber warum muss man dann ausgerechnet Windenergie auf dem Meer stärker fördern, die wesentlich teurer ist als auf dem Land? Für die man auch noch teure Leitungen bauen muss, um den Strom nach Süddeutschland zu transportieren? Selbst Solarenergie wird ab nächstem Jahr auf Freiflächen billiger als Offshore-Windkraft.

Sie profitieren doch auch von der Förderung für Regenerative, die früher wesentlich teurer waren. Warum also nicht auch Offshore-Windkraft?

1969 geboren, hat in Mainz Physik studiert und 1996 zusammen mit dem Agrarökonom Fred Jung die Firma Juwi gegründet. Sie errichtet weltweit Anlagen für erneuerbare Energien und beschäftigt heute bei 800 Millionen Euro Jahresumsatz über 1.200 Menschen. Seit 2008 ist er Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Solarwirtschaft. 2009 ernannte ihn das Wirtschaftsmagazin Capital mit seinem Partner zum "Greentech Manager 2009".

In den letzten zehn Jahren ist Fotovoltaik zwei Drittel billiger geworden. Windstromvergütung ist fast gleich geblieben. Die Technik ist zwar besser und effektiver geworden, allerdings haben sich die Rohstoffpreise vervielfacht. Auf See braucht man Unmengen an Beton und Stahl für die Fundamente. Deshalb wird dieser Strom nicht billiger, sondern eher teurer werden.

Windenergie am Meer hat den Vorteil, nicht massiv ins Landschaftsbild einzugreifen. Wie viele Anlagen wollen Sie denn noch auf die Felder setzen?

Die Windpotenziale an Land sind um ein Vielfaches höher als bisher genutzt. Folgende Rechnung: Bei meinen Eltern auf dem Bauernhof steht eine moderne Windkraftanlage mit 6 Megawatt Leistung. Die produziert mitten in Deutschland 18 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Man bräuchte 10.000 davon, um ein Drittel des Strombedarfs zu decken. Heute stehen in Deutschland etwa 23.000 meist ältere Anlagen. Jetzt rechnen Sie selbst.

Warum ist die Bundesregierung dann so erpicht, auf See Windkraft zu errichten?

Weil sie so zusammen mit den Energieversorgern den Ausbau der erneuerbaren Energien steuern und gegebenenfalls begrenzen kann. Wenn die Regierung wirklich nach Fukushima die Energiewende beschleunigen und möglichst viele erneuerbare Energien hätte nutzen wollen, dann hätte sie das Ausbauziel deutlich gegenüber vor Fukushima erhöht. Es geht also ganz klar um eine Begrenzung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Und das sehr subtil mit trickreichen kleinen, aber folgenreichen Änderungen im EEG.

Klingt nach Verschwörungstheorie. Warum sollte die Regierung die Regenerativen künstlich klein halten?

Weil dann die großen vier Energiekonzerne ihre Gewinne maximieren können. Nicht mit erneuerbaren Energien, sondern mit konventionellen Kraftwerken. Je größer der Anteil der erneuerbaren Energien, desto weniger haben schwer regelbare Großkraftwerke Sinn. Und das geht richtig ins Geld bei den Betreibern. Weniger Ausnutzung, weniger Gewinn - ganz einfach. Auf der Strecke bleiben der Umwelt- und Klimaschutz sowie der Aufbruch der monopolartigen Strukturen der Energiewirtschaft. Und der Verbraucher ist der Dumme! Zahlt erst zu viel für den Offshore-Windstrom und bleibt am Ende immer noch abhängig von wenigen Anbietern.

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