Neuer Wohnraum: Lettow-Vorbeck wird recycelt

Wandsbek beheimatet eines der größten Wohnungsbau-Projekte Hamburgs. Nach Wartezeiten und Streitereien scheint sich langsam etwas zu bewegen.

So soll es dann aussehen: das Großprojekt "Jenfelder Au". Bild: BSU

Das Großprojekt "Jenfelder Au" auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne scheint endlich voranzukommen. Momentan durchforstet der Kampfmittelräumdienst das Gebiet. Nach der Bürgerschaftssitzung im August soll das Gelände modelliert und 2012 der erste Spatenstich getan werden.

Was beim Blick auf das Gelände zurzeit noch schwer vorstellbar ist: Hier soll ein Aushängeschild Wandsbeks entstehen. Das Vorhaben wird 770 Wohnungen, insbesondere Stadt- und Reihenhäusern, Platz bieten. Ein großer Park und ein künstlicher See sollen vor allem Familien anlocken.

Das Bauvorhaben ist eines der wichtigsten Wohnungsbauprojekte der Stadt und eines der größten Konversionsvorhaben: Das Recycling des Kasernengeländes macht es überflüssig, neues Bauland zu erschließen.

Seit dem Planungsbeginn 2006 hat das Projekt immer wieder Anlass für Streit geboten. Die alten Kasernengebäude sind mit Erinnerungen an die Kolonialfeldzüge in Afrika geschmückt. Als Terrakottareliefs grüßen die Kolonialoffiziere Paul von Lettow-Vorbeck und Lothar von Trotha von den Fassaden. Nun soll ein Teil der ehemaligen Wehrmachtsgebäude unter Denkmalschutz gestellt werden.

Lettow-Vorbeck focht im Ersten Weltkrieg mit einer Schutztruppe aus Afrikanern: den Askari. Im März schlugen Teile der Jenfelder Stadtteilkonferenz vor, eine Straße in dem neuen Wohngebiet "Askariweg" zu nennen. Viele Proteste, die sich gegen die Verherrlichung deutscher Kolonialpolitik stemmten, folgten. Volker Nicolai, aktiv in der Arbeitsgemeinschaft Wohnen und Bauen des Stadtteilrats, findet den Streit nicht so dramatisch: "Es war nur ein Vorschlag und wir sind für alle Alternativen offen", sagt er. "Ich denke aber, dass man diese Sache etwas freier bedenken können sollte, als es einige politische Parteien tun." Entscheidungen über die Namen stehen noch aus.

Momentan dreht sich derZwist eher um Zeit und Geld. So hat der CDU-Abgeordnete Ralf Niedmers dem Senat kürzlich vorgeworfen, dass sich das Projekt bereits um mehrere Monate verzögert habe und dass die voraussichtlichen Erschließungskosten die geplanten um mehr als 20 Millionen Euro überträfen.

Frank Krippner von der Stadtentwicklungsbehörde begründet die Verzögerung damit, dass es sich um ein sehr großes Gebiet handle. "Da können nun mal Verzögerungen auftreten", findet er. "Unsere sorgfältigen Planungen und die Abstimmungsprozesse zwischen Behörde und Bezirk waren aber absolut notwendig."

Die Bürgerschaft hat 40 Millionen Euro für die Erschließung bereitgestellt, davon allein 4,7 Millionen Euro für die Kampfmittelbeseitigung. Vasco Schulz, Fraktionsvorsitzender der Linken in Wandsbek, sieht das nicht als Problem: "Das sind Risiken, die bei einem Projekt dieser Kragenweite einfach dazugehören", sagt er. Es sei nun mal immer der Wunsch gewesen, hier keine 08/15-Siedlung zu bauen.

Auch Volker Nicolai zeigt sich mit dem Stand der Dinge zufrieden: "Insbesondere die Vernetzung zwischen der Politik und den engagierten BürgerInnen scheint wirklich zu funktionieren", sagt er. Es seien ja auch Bürger gewesen, die den Namen "Jenfelder Au" gewählt hätten.

Bis die Bebauung in Gang kommt, könnte das ehemalige Kasernen-Areal zur Heimat für die BewohnerInnen des Wilhelmsburger Bauwagenplatzes Zomia werden. Das hatte Stadtentwicklungsstaatsrat Michael Sachs im Mai vorgeschlagen. Die Bauwagen-BewohnerInnen sträuben sich dagegen und bezeichnen diese Lösung als "inakzeptabel". Der Senat meldet, dass eine entsprechende Entscheidung noch nicht gefallen sei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.