Gewalt in London : Krawalle pflanzen sich fort

Auch Sonntagnacht kam es in London zu Straßenschlachten zwischen Jugendlichen und der Polizei - gleich an mehreren Orten. Die Randalierer hätten sich im Netz verabredet, sagt die Polizei.

Jugendlicher Steineschmeißer in Enfield. Bild: ap

LONDON afp/dpa | Einen Tag nach den schwersten Krawallen in London seit Jahren haben sich Jugendliche am Sonntagabend erneut Zusammenstöße mit der Polizei geliefert. Samstagnacht war Tottenham im Norden der Metropole Schauplatz des Geschehens. Nun kam gleich an mehreren Stellen des Stadtgebietes zu allerdings weniger massiven Straßenschlachten. Laut BBC sprach die Polizei von Nachahmer-Kriminalität. Offenbar hätten sich viele der Jugendlichen über soziale Netzwerke im Internet zu den Krawallen verabredet, berichtete die BBC.

Wieder wurden Polizeifahrzeuge attackiert, Läden geplündert oder angezündet. Die Feuerwehr musste rund 50 Brände löschen. Insgesamt wurden 100 Personen festgenommen, so die Behörden. 35 Polizisten seien verletzt worden.

Die Gewalt brach in den Stadtteilen Enfield, Walthamstow und Waltham Forest in Nord-London aus - sowie in Brixton, im Süden der Stadt; ein Viertel, das schon 1981, 1985 sowie Mitte der 90er Jahre schwere Straßenschlachten zwischen Jugendlichen und der Polizei erlebt hatte.

In Enfield, ungefähr drei Meilen nördlich von Tottenham, begannen die Zusammenstöße, als Jugendliche Lädenschaufenster mit Steinen einschmissen und ein Polizeiauto demolierten.

Augenzeugen berichteten von rund 200 Jugendlichen, die im Zentrum Brixtons Läden plünderten und sich Auseinandersetzungen mit der Polizei lieferten. Die Plünderer bedienten sich unter anderem im örlichen Vodaphone-Shop, bei Foot Locker und Marks & Spencer auf der Brixton High Road. Ein Journalist äußerte sich gegenüber der BBC erstaunt über die geringe Zahl an Polizisten, die in Brixton zugegen war, um dem Treiben Einhalt zu gebieten.

Christine Jones, eine leitende Beamtin der Metropolitan Police, sagte der BBC, ihre Beamten seien schockiert gewesen über den Grad der Gewalt, die gegen sie gerichtet gewesen sei.

Polizeiliche Untersuchung im Gange

In der Nacht zum Sonntag war Tottenham von einer Welle der Gewalt erfasst worden: Randalierer setzten Häuser, Geschäfte und Supermärkte in Brand, zündeten Polizeiautos und einen Doppeldecker-Bus an und plünderten Läden. Von einigen Häusern blieben nur die Grundmauern, von Fahrzeugen nur Stahlgerippe übrig. Hintergrund war der noch nicht vollständig aufgeklärte Tod eines 29-Jährigen: Ein Polizist hatte den Familienvater am Donnerstag erschossen.

Die Downing Street sowie Innenministerin Theresa May verurteilten die Gewalt als "völlig unakzeptabel".

Vorausgegangen war eine Demonstration von Einheimischen, die Antworten auf Fragen nach dem Tod des 29-Jährigen vermissten. Die Familie des Getöteten und deren Umfeld glaubt nicht an die Version der Polizei, der 29-Jährige habe aus einem Taxi heraus das Feuer eröffnet. Eine polizeiinterne Untersuchung ist im Gange.

Nach Angaben von Scotland Yard wurden nach den Ausschreitungen 55 Verdächtige festgenommen. 26 Polizisten und drei Zivilisten wurden verletzt. Die Polizei habe Kräfte zusammengezogen, um eine Fortsetzung der Gewalt zu unterbinden. "Die Verantwortlichen werden zur Rechenschaft gezogen", sagte ein Polizeioffizier.

Der Sachschaden geht in die Millionen. Nach Berichten von Augenzeugen spielten sich dramatische Szenen ab. Familien mit kleinen Kindern mussten aus ihren Wohnungen in brennenden Häusern fliehen. "Es war wie im Krieg", sagte ein Anwohner dem Sender Sky News.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.