: Skibbes neuer Subtext
Während die Vereinsführung das 0:1 gegen den HSV schön redet, gibt Leverkusens Trainer den Realpolitiker
LEVERKUSEN taz ■ Trainer Michael Skibbe ist seit Wochen darum bemüht, die Erwartungen an die Fußballer von Bayer Leverkusen zu relativieren. Die Zielsetzung, sich am Ende für die Champions League zu qualifizieren, sei zu keinem Zeitpunkt realistisch gewesen, hat er vor einiger Zeit verkündet, und die Bewunderung, die er nach der 0:1-Niederlage gegen den Hamburger Sportverein zum Ausdruck brachte, hieß im Subtext das selbe: Mit solchen Spitzenteams können wir mit unserem Kader mithalten. „Über ein 0:0 wären wir glücklich gewesen“, sagte der Trainer und bezeichnete den HSV als „echte Spitzenmannschaft“.
Dass Leverkusen hingegen keine echte Spitzenmannschaft ist, sagte er nicht, doch das ist seine Botschaft. Dass diese aber dort ankommt wo sie zu einer tieferen Einsicht führt, bleibt unwahrscheinlich. Denn in Leverkusen wird nach wie vor viel Geld in das Team gesteckt. Nach Jahren im internationalen Wettbewerb fällt es schwer, sich ans Bundesligamittelmaß zu gewöhnen. Dabei wäre die Arbeit so viel einfacher, wenn nicht diese Erwartungshaltung in der Klubführung und unter den Fans herrschte. Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser ließ es sich nicht nehmen, nach der 0:1-Niederlage gegen den HSV beschönigend zu sagen „es fehlt nur ein wenig Selbstvertrauen“. Nach sechs Punkten aus sechs Spielen unter Michael Skibbe und dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal wäre es an der Zeit ernsthaft zu erwägen, ob das Team gegenwärtig schlicht nicht stärker ist, als es der zehnte Tabellenplatz ausdrückt.
Skibbe ist mit der aktuellen Bayer-Mannschaft nun ähnlich erfolglos wie die Trainer Rudi Völler und Klaus Augenthaler, die ihr Glück mit diesem Ensemble vorher versuchten. „Uns fehlt einfach die Durchschlagskraft“, resümierte der erfreulich starke Simon Rolfes enttäuscht. Das Moment der Lethargie ist einfach nicht wegzubekommen aus dieser Mannschaft. Selbst frische Leute wie Rolfes, Tranquillo Barnetta, der erneut auffällig spielte sowie eine sehr gute Leistung von Roque Junior reichten nicht, um die Langsamkeit aus den Gliedern und Köpfen der Voronins, Berbatovs, Krzynoweks oder Freiers zu eliminieren.
Die Stimmung ist jedenfalls schlecht im Leverkusener Mini-Stadion. Nach David Jarolims Treffer zum 0:1 in der 82. Minute standen hunderte Zuschauer auf und verließen die BayArena, obwohl in zehn Minuten ja eigentlich noch ein Menge möglich ist. Wenn der Glaube da ist. Doch die ganze Atmosphäre verkündete die Botschaft: Bayer ist derzeit einfach nicht in der Lage, nach so einem Rückschlag zurück zu kommen. DANIEL THEWELEIT
leibesübungen, SEITE 18