: Ein Projekt mit Modellcharakter
Die Bremer U-Bahn ist kundenfreundlich, effizient, zuverlässig. Ein Prestigeprojekt des Senats, das zeigt, wie man gelungen investiert, ohne Geld auszugeben. Denn die Bahn gibt es nur im Internet
Bremen taz ■ Plötzlich ist sie da, als hätte es sie schon immer gegeben. Verkehrt täglich auf fünf Linien im gesamten Stadtgebiet. Bringt mehr als 200.000 BremerInnen sicher an ihr Ziel: die Bremer U-Bahn. Im August hat sie den 2,5 Millionsten Fahrgast seit der Modernisierung gefeiert und im September pünktlich die Umbauarbeiten an der Domsheide abgeschlossen. Würden alle Großprojekte des Bremer Senats eine solch erfreuliche Entwicklung nehmen, stünde die Stadt besser da.
Nur dass es sie eben nicht gibt. Die Bremer U-Bahn ist die Abschlussarbeit von Christian Bode, geschrieben für den Studiengang „Digitale Medien“ an der Universität Bremen. Er selbst hat das Projekt gewählt, „weil es interaktiv sein sollte und sich daraus keine juristischen Schwierigkeiten ergeben sollten“. Aber natürlich auch, „weil sich viele Bremer eine U-Bahn wünschen“. Jetzt haben sie die, mit Unternehmensgeschichte, Tarifen, Verweis auf touristische Ziele der Stadt, Fahrplanauskunft und einem Überblick über die Linien. Vom Flughafen nach Gröpelingen, Grolland bis Universität, Habenhausen bis Horn und so fort. Die Bremer U-Bahn ist kundenfreundlich über das normale Maß hinaus. So sehr, dass sie annimmt, es könne Menschen geben, die sich bei ihr als „HBU Guardian Angel“ vereidigen lassen wollten, „um das subjektive Sicherheitsgefühl für die Fahrgäste zu erhöhen“. Sie hat sogar Verständnis dafür, dass man gerne umsonst fahren würde – was sie abschlagen muss – aber immerhin bietet sie Fahrkarten ab 1,50 Euro an und eine „ausgeglichene Tarifstruktur“. Selbst die Investitionsruine Space Park findet Aufnahme in die Touristik-Empfehlungen und zwar unter „das moderne Bremen“: „Der Space Park Bremen war eigentlich als grandioser Indoor-Freizeitpark geplant, den wirtschaftliche Fehlplanungen allerdings in den vorzeitigen Ruin getrieben haben.“ Aber selbst hier vermag die HBU noch etwas Positives zu sehen: „Nichtsdestotrotz ist der Space Park als zeitgenössisches Dokument einen Besuch wert, alleine schon um die Dimensionen dieses Mammut-Baus einmal mit eigenen Augen zu sehen.“
Christian Bode hat sich nicht mit den Plänen der israelischen Investorengruppe befasst, die sich – letztendlich vergeblich – um den Space Park bemüht haben. Aber vermutlich ist das der Punkt, wo ein Werk über die Intention des Autors hinauswächst: Denn die Israelis hatten in der Tat eine U-Bahn-Linie gefordert, die unter dem Space Park halten sollte. Vergeblich. Nun steht sie im Netz und täglich erreichen Christian Bode Anfragen: Von Leuten, die erkannt haben, dass die Bilder aus der Unternehmensgeschichte wahlweise aus Hamburg stammen oder wie im Fall der Sonderbriefmarke schlicht neu gestaltet wurden. Oder von solchen, die gerne wissen möchten, ob sie mit der U-Bahn wohl das Weserstadion erreichen. Denen muss Bode dann zur real existierenden Straßenbahn raten. Wer hingegen aus der unternehmenseigenen Produktpalette wählen möchte, kann echte T-Shirts, Regenschirme und Einkaufsbeutel kaufen. So scheint die HBU ein Unternehmen, von dem die Bremische Politik viel lernen kann: das Prestige eines Großprojekts ganz umsonst und dazu erste Verkaufserlöse. Um so erstaunlicher, dass sich Verkehrs- und Bausenator Jens Eckhoff (CDU) trotz schriftlicher Einladung nicht zum Unternehmen äußern wollte. grä