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Verboten – Verfolgt – Vergessen Deutschland 2012, R: Daniel Burkholz

Vor eine schmutziggraue Wand legen Leute ein schönes Gebinde roter Rosen nieder, daneben hängt ein Transparent: „Hier starb vor 60 Jahren Philipp Müller – von der Polizei ermordet.“ Am 11. Mai 1952 fand in Essen eine Friedenskarawane statt, erklärt ein grauhaariger Redner während der Gedenkdemonstration, mit welcher der Film gleich mitten in seinem Thema ist: Im Kalten Krieg wurde in der BRD verfolgt, wer gegen die Westintegration und die Remilitarisierung aktiv war. 1951 wurde die Freie Deutsche Jugend FDJ verboten, 1956 folgte das Verbot der KPD. Bis 1968 wurden 200.000 Westdeutsche von Polizei und Staatsanwaltschaften verfolgt, mit Ermittlungsverfahren überzogen. „In etwa jedem zehnten Verfahren kam es zu einer Verurteilung“, wie der Bremer Anwalt Rolf Gössner vor der Kamera darlegt: „Das Ausmaß der Verfolgung kann man sich heute kaum vorstellen.“ Über 10.000 KommunistInnen wurden zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Das wird an den Verfolgungsgeschichten der – überwiegend männlichen – ProtagonistInnen deutlich: Etwa bei Gerd Deumlich: Wegen Landesverrat wurde er zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt – es folgten später, um politisch aktiv bleiben zu können, 12 Jahre in der Illegalität.

Regisseur Daniel Burkholz hat heute noch aktive, in den 50er und 60er Jahren inhaftierte Opfer der KommunistInnenverfolgung in der BRD befragt, meist zu Hause in der guten Stube gefilmt. Das Ehepaar Herbert und Ingrid Wils aus Hagen etwa wurde in den 60ern jahrelang inhaftiert, weil die Frau beim Hektografieren von 70 Exemplaren einer illegalen Betriebszeitung erwischt wurde. Ihre beiden kleinen Kinder müssen ohne Eltern auskommen.

Herbert und Ingrid Wils sind heute Mitglieder der DKP. Ebenso wie die anderen befragten ehemals Verfolgten, etwa Ursula Stiffel, die beinahe verschmitzt, aber eher nebenbei über ihre eigene Haftzeit spricht, während sie das Kamerateam in das Büro der Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges führt. Die hat ihr Büro im Gebäude der DKP.

Leider benennt der Film nicht, warum ausschließlich Mitglieder der DKP als ZeitzeugInnen zu Wort kommen. Sicher wird so das Beharrungsvermögen dieser Partei plausibler – die jahrzehntelange Verfolgung hat zum Einigeln geführt, zumal viele KPD-Mitglieder ja auch schon unter den Nazis Isolation und Verfolgung überlebten. Aber als die DKP sich 1968 neu gründete, auf Teufel komm raus auf Legalität bedacht, gingen etliche KPDlerInnen diesen Weg nicht mit. Das sei ein sozialdemokratisches Programm, kritisierte etwa das KPD-Mitglied Ulrike Meinhof in der Konkret. Die Traditionslinie KPD – DKP nicht zu hinterfragen, verstellt so den Blick für alternative Umgangsweisen mit dem bis heute nicht aufgehobenen KPD-Verbot.  GASTON KIRSCHE

Der Film läuft als Veranstaltung der Heinrich Böll Stiftung Di um 19 Uhr in der Plantage 13, Eingang 26. Danach Diskussion mit dem Regisseur