Urteil zu Beleidigungen im Netz: Google muss schlichten

Was passiert, wenn jemand in einem anonymen Blog beleidigt wird? Einem neuen Urteil zufolge muss der Provider im Konflikt vermitteln. Im Zweifel werden Posts gelöscht.

Wenn zwei sich streiten, muss Google vermitteln. Bild: dapd

KARLSRUHE dapd/dpa | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klare Regeln für die Prüfung von beleidigenden Inhalten im Internet vorgelegt. Danach sind die Provider nicht haftbar zu machen, wenn auf den von ihnen angebotenen Blogs Menschen beleidigt oder denunziert werden. Sie müssen jedoch auf begründete Anfrage der Betroffenen den Sachverhalt prüfen und den Inhalt gegebenenfalls löschen, entschieden die obersten Richter in Karlsruhe. Sie stellten zudem klar, dass deutsche Gerichte für solche Fälle zuständig sind, auch wenn der Provider im Ausland sitzt.

Der beklagte Provider Google reagierte erleichtert auf die Entscheidung. Das Gericht habe eingeräumt, dass das Unternehmen nicht alle Inhalte vorab auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen, sagte der Leiter der Rechtsabteilung, Arnd Haller. "Auch besteht keine Pflicht von Google, Tatsachenbehauptungen quasi auf Zuruf des sich in seinen Rechte verletzt Fühlenden zu entfernen." Damit habe der BGH eine Lanze für die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet gebrochen.

Der BGH schreibt folgendes Verfahren vor: Der Betroffene muss dem Provider darlegen, dass in einem seiner Blogs ein Rechtsverstoß begangen wurde. Dieser Hinweis muss "so konkret gefasst" sein, das er "ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung bejaht werden kann". Diese Stellungnahme muss der Provider dann an den Blog-Verantwortlichen weiterleiten. Äußert sich dieser nicht innerhalb einer angemessenen Frist, ist der beanstandete Inhalt zu löschen.

Kann der Blogger dagegen seine Behauptungen beweisen, muss Google diese wiederum der betroffenen Person weiterleiten. Nur wenn die erneut die Unwahrheit der Behauptungen belegen kann, muss Google löschen, fehlen die Nachweise, bleibt der Eintrag bestehen.

Streit um Sexclubrechnungen

In dem jetzt entschiedenen Fall ging es um einen Geschäftsmann, dem in einem von Google zur Verfügung gestellten Internet-Blog unter voller Namensnennung die Bezahlung von Sexclubrechnungen mit der Firmenkreditkarte vorgeworfen worden war. Der Betroffene bezeichnete die Behauptungen als falsch, der Autor des Blogs arbeitete allerdings anonym. Google leitete die Beanstandung an den Blogger weiter, der seine Eintragung jedoch nicht änderte. Daraufhin verklagte der Geschäftsmann Google auf Unterlassung.

Die Internetplattform Google mit Sitz in Kalifornien wollte den Fall nach amerikanischem Recht entschieden haben. Das lehnte der BGH jedoch ebenso ab wie zuvor das Oberlandesgericht Hamburg. Der Blog sei in Deutsch verfasst worden und habe sich auch inhaltlich an deutsche Leser gewandt. Der betroffene Geschäftsmann habe deshalb berechtigt die Anwendung deutschen Rechts verlangt.

Google machte weiter geltend, dass es nicht Autor der Behauptung sei und als technisches Unternehmen nicht hafte. Der BGH bestätigte zwar, dass Google nicht Mittäter der Persönlichkeitsrechtsverletzung sei, aber bei Verletzung seiner Prüfpflicht als Störer hafte.

Erstmals legte der zuständige VI. Zivilsenat die Prüfpflichten von Google genau fest. Danach muss ein Betroffener zunächst bei Google konkrete Einwände erheben, aus der sich die Persönlichkeitsrechtsverletzungen in einem Blog ergeben. Die Beanstandung muss Google regelmäßig an den Blog-Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterleiten. Bleibt diese in angemessener Frist aus, besteht für Google eine Löschpflicht.

Zur Feststellung der Löschpflicht wies der BGH den Fall jetzt an Hamburg zurück. Bisher seien keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Blogger Belege vorgelegt hatte. Fehlte es daran, ist die Behauptung zu löschen. Kann der Blogger dagegen die Bezahlung der Sexclubrechnung auf Firmenkosten belegen, könnte die Passage im Netz bleiben. Der Geschäftsmann müsste dann wiederum Belege zur Entkräftung der Behauptung vorlegen.

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