Militantes Neonazi-Forum: Nicht nur Onlinehetze im "Freien Netz"

Ein Neonazi-Netz wurde in der Vergangenheit immer wieder als bloßes "Internetportal" dargestellt. Der Verfassungsschutz hat da wohl was unterschätzt.

Ähnlich gefährlich wie das einer Spinne: Das "Freie Netz", ein Zusammenschluss von Neonazis. Bild: dpa

HAMBURG/BERLIN taz | Nach der Veröffentlichung interner Hassdebatten aus einem militanten Neonazi-Forum kritisieren Oppositionspolitiker die Sicherheitsbehörden im Osten. Diese hätten die Gefährlichkeit des länderübergreifenden Kameradschaftszusammenschlusses "Freies Netz" nicht erkannt, so der Vorwurf.

In Sachsen und Thüringen fordert die Linkspartei deshalb den Rücktritt der Verfassungsschutzchefs. In den beiden Ländern hatten die Behörden das militante Netzwerk bisher nur als "Internetportal" oder als "Schaufenster in die Szene" eingestuft.

Wie mehrere hundert Beiträge aus einem geheimen Forum des "Freien Netzes" belegen, über die die taz und andere Medien am Sonntag berichtet hatten, ist der Zusammenschluss aber weit mehr als das. In dem Forum besprechen die braunen Kameraden ihr strategisches Vorgehen beim Anmelden von Demonstrationen, militante Aktionen und bejahen körperliche Gewalt - bis hin zu Brandanschlägen auf Polizeiwachen.

Aus den insgesamt 1.300 internen Beiträgen, die aus den Jahren 2008 und 2009 stammen, geht ebenfalls hervor, wie eng die Kader des militanten Kameradschaftnetzes mit der NPD und deren Jugendorganisation JN kooperieren.

Letztere sehen die braunen Kameraden ganz auf ihrer stramm nationalsozialistischen Linie: "Die Ausrichtung der JN wird kontinuierlich in Richtung ,NS-Ersatzorganisation' vorangetrieben", heißt es dort, mit der Einschränkung: "natürlich nicht offiziell."

Die Linksfraktion im thüringischen Landtag hatte in der Vergangenheit mehrfach versucht, von der Landesregierung weiterreichende Auskünfte über das "Freie Netz" zu erhalten. Immer wieder wurde aber wie im Bericht des Verfassungsschutzes 2010 das Netz bloß als "Internetportal" vorgestellt.

Die nun bekannt gewordenen Interna zeigten, dass dem Verfassungsschutz eine "fatale Fehleinschätzung" unterlaufen sei, sagte die Erfurter Linken-Politikerin Martina Renner. "Wer sich halbwegs auskennt, weiß, dass das ,Freie Netz' sich nicht nur auf Onlinehetze beschränkt, sondern auch in der realen Welt aktiv ist", sagte die Leipziger Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar. Die Behörden müssten ihren Aufgaben besser nachkommen, um "Hinweise auf aktuelle Entwicklungen der Nazi-Szene zu erhalten", sagte sie.

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