Occupy Berlin: Kein Platz, nirgends

Aktivisten erheben schwere Vorwürfe gegen die Polizei: Die habe ihre Versammlung vor dem Brandenburger Tor mit übertriebener Gewalt aufgelöst.

Teilnehmer der Demonstration am Samstag Bild: Reuters

Das Video zeigt zwei Polizisten, die knien und eine Person zu Boden drücken. Ihre Haltung ist eindeutig: Zunächst ringen sie mit der liegenden Person, dann, mit einer kurzen, schnellen Bewegung, holt einer der beiden Polizisten aus und schlägt zu. "Ich wurde mehrfach ins Gesicht geschlagen", sagt Occupy-Aktivist Marius. Er sei der Aktivist, der auf der Aufnahme zu sehen ist, erzählt er auf der Pressekonferenz am Montag im Camp der Aktivisten am sogenannten Bundespressestrand.

Es sind schwere Vorwürfe, die die Occupisten gegen die Polizei erheben: Mehrere Aktivisten sollen geschlagen, andere wahllos festgenommen und ein zehnjähriges Kind von seiner Mutter getrennt worden sein. Die Polizei wollte bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben. "Solange wir keine Anzeige und keine Bildbeweise vorliegen haben, können wir nichts machen", sagt Polizeisprecher Michael Merkle.

Nach der Reichstagsumzingelung am Samstagnachmittag hatte es am Abend vor dem Brandenburger Tor eine Auseinandersetzung zwischen rund 50 Aktivisten und der Polizei gegeben. Die Occupisten hatten 18 Zelte aufgebaut und hielten eine Asamblea ab. Weil die Versammlung nicht angemeldet war und die Berliner Polizei das Campieren nach wie vor nicht als Protestform anerkennt, räumte sie. Dabei wurde laut Polizei fünf Aktivisten "vorläufig die Freiheit entzogen", drei wurden in ihrer "Freiheit beschränkt", weil sie trotz mehrfacher Aufforderung nicht den Platz räumten.

"Wir haben friedlich auf unser Recht auf öffentlichen Diskussionsraum aufmerksam gemacht", sagt Aktivist Johannes Ponader. "Das wurde von der Polizei mit aggressivem Verhalten beantwortet." Die Bewegung fühlt sich von allen Seiten unter Druck gesetzt. Denn ihr Camp scheint gefährdet. Johanna Ismayr, die bisherige Besitzerin des Bundespressestrandes, hatte die Bewegung bisher geduldet und wollte sie bis bis zum Auslaufen ihrer Mietzeit am 30. November dort campieren lassen. Weil ihr von der Eigentümerin, der Bundesimmobilienanstalt, in den vergangenen Tagen mehrfach mit Räumung gedroht wurde, bittet sie die Aktivisten nun jedoch, die Sandfläche zu verlassen. Die Immobilienanstalt, die ab Dezember den Bau des neuen Bundesbildungsministeriums vorbereiten lassen will, legte Ismayr in einem Schreiben am 9. November nahe, das Gelände bis zum 16. November zu räumen. Auf taz-Anfrage antwortete die Anstalt nun jedoch, man gehe davon aus, dass Ismayr bis zum 30. November das Gelände verlassen werde, und sehe bis dahin keinen Anlass zu räumen.

"Bloße Willkür"

Doch da die Aktivisten davon am Samstag noch ausgehen mussten, wollten sie mit ihrer Protestaktion für ein neues Camp einstehen. Dass die Lage so eskalierte, schockt sie, obwohl sie sich der Provokation bewusst waren. Aktivist Marius will in den kommenden Tagen Anzeige erstatten und sich dabei auch auf die Filmaufnahmen beziehen. Ihr Inhalt stimmt teilweise auch mit Angaben der Polizei überein. Marius erzählt, er sei wegen Widerstands gegen Vollstreckungsmaßnahmen gewaltsam festgenommen und dabei an der Wange verletzt worden. "Dabei habe ich mich nicht anders verhalten als alle um mich herum, das ist bloße Willkür gewesen", sagt der 28-Jährige.

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