Ende des Manning-Prozesses: Der Himmel hängt noch

Wird der mutmaßliche Wikileaks-Maulwurf Bradley Manning vor ein Militärgericht geführt oder nicht? Die Verteidigung geht offenbar davon aus. Sie plädierte für 30 Jahre Haft.

Wartet in seiner Zelle auf die Entscheidung des Ermittlungsrichters: Bradley Manning. Bild: dpa

WASHINGTON taz | "Der Himmel ist nicht eingestürzt, und er wird auch nicht einstürzen", sagte Mannings Anwalt David Coombs zum Abschluss der siebentätigen Anhörung des mutmaßlichen Wikileaks-Maulwurfs in Fort Meade nahe der Hauptstadt Washington. Wenn US-Außenministerin Hillary Clinton das anders sähe, dann solle sie Beweise dafür vorlegen.

Coombs zielte darauf ab, dass die Informationen aus rund 700.000 Geheimdokumenten, die sein Mandant mutmaßlich an die Enthüllungsplattform Wikileaks geleitet hat, keinen größeren Schaden angerichtet hätten. Das Vorgehen der Behörden gegen den 24-jährigen Soldaten wertete Coombs als "überzogen". Die Ankläger sollten seiner Meinung nach Milde walten lassen mit einem jungen Mann, der trotz erkennbarer psychischer Probleme im Irak stationiert und dort auch noch mit Geheimdokumenten konfrontiert wurde.

Die Anklage hat ein anderes Bild von dem Whistleblower, dem Zeugen enge Verbindungen zu Wikileaks-Gründer Julian Assange nachgesagt hatten. Manning sei ein gut ausgebildeter Soldat, der "konstant, bewusst und methodisch" interne Dokumente aus Computern gezogen habe, um sie dann Wikileaks zuzuspielen. Die Plattform hatte die Unterlagen massenhaft ins Internet gestellt. Detaillierte Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan sowie Diplomatendepeschen mit vielen Peinlichkeiten kamen an die Öffentlichkeit.

Die Ermittler trugen 22 Anklagepunkte zusammen, der gravierendste: "Hilfe für den Feind". Da die Anklage eine Todesstrafe ausschließt, droht Manning ein Leben hinter Gittern. Die Verteidigung plädierte jedoch dafür, die Vorwürfe auf drei Punkte schrumpfen zu lassen – 30 Jahre Haft seien ausreichend.

"Es ist absurd"

Die Anhörung im Bundesstaat Maryland sollte der Entscheidung dienen, ob es einen Militärprozess gegen Manning gibt oder nicht. Doch bevor der erste Zeuge vernommen wurde, hatte US-Präsident Barack Obama sein Urteil bereits gefällt. "Er hat das Gesetz gebrochen", sagte der Präsident – der Oberbefehlshaber der Armee – über Manning.

"Es ist absurd, anzunehmen, ein Militärgericht würde sich von Obamas Erklärung nicht beeinflussen lassen", meint ein berühmter Whistleblower aus einer anderen Zeit am Rande der Anhörung: Daniel Ellsberg, der Analytiker, der seinen Landsleuten einst die ungeschminkte Wahrheit über den nicht zu gewinnenden Krieg in Vietnam vor Augen hielt. 1971 lancierte er die so genannten Pentagon-Papiere an die Presse. Streng geheime Analysen belegten, dass die Verantwortlichen wussten, wie aussichtslos die Lage war. Ellsberg, dessen Prozess wegen Verfahrensfehlern eingestellt worden war, ist gegen einen Manning-Prozess. "Bei allen Beweisen dafür, dass er ein Whistleblower ist, hat er selber davon nicht profitiert", so Ellsberg. "Seine einzige Motivation scheint es gewesen zu sein, unserer Demokratie etwas Gutes zu tun."

Im überfüllten kleinen Gerichtssaal von Fort Meade hatte Ellsberg die Schlussplädoyers zu Manning ebenso verfolgt wie die Assange-Anwältin Jennifer Robinson.

Ermittlungsrichter Paul Almanza hat nun bis zum 16. Januar Zeit für seine Entscheidung. Diese Frist kann er sich aber auch verlängern lassen.

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