Kolumne Über Ball und Welt: Was Kahn kann, kann Khan schon lange

Was Shah Rukh Khan tun muss, um vom indischen Megastar zum Weltgigastar zu wachsen? Fußball spielen! So ein Imagetransfer hat schon viele Promis gepusht.

Ein Hilferuf an über eine Million Follower: "Habe meine Rippen verletzt." Im Facebook-Account des Superstars, um den es hier geht, steht auch: "Fußballkarriere im Keim erstickt … bah!"

Allerdings ist das Wort "Superstar" eine ziemliche Untertreibung, wenn von Shah Rukh Khan die Rede ist. Vor den indischen Schauspieler muss schon ein "Mega", ein "Giga" und vielleicht noch ein zu erfindendes Wort gesetzt werden, um seine Bedeutung halbwegs angemessen zu skizzieren. Der Mann gibt von der Schmalzlocke bis zum Arschloch alles, was die hierzulande Bollywood genannten Filme so beliebt macht.

Nur außerhalb Indiens ist Shah Rukh Khan zwar berühmt, aber noch nicht so super-mega-giga, wie Khan und seine Berater glauben, dass er sein sollte. Dabei laufen seine Filme schon in den USA oder Europa mit bemerkenswertem Erfolg. Um noch berühmter zu werden, müssen andere Medien ran: zum Beispiel ein Sport, der globale Bedeutung hat. Das trifft weder auf das in Indien beliebte Cricket oder Hockey zu noch auf das in den USA populäre Base- oder Football.

Es gibt nur zwei Sportarten, in denen Shah Rukh Khan reüssieren könnte, um vom indischen Megastar zum Weltgigastar zu werden: Basketball oder Fußball. Gerade die Kickerei ist fast ideal: Sogar ein Herr mittleren Alters mit einer Körpergröße von 1,75 Metern kann ihr halbwegs glaubwürdig nachgehen. Sie ist obendrein in einigen Provinzen Indiens, etwa in West-Bengalen, äußerst populär, noch beliebter als Cricket; Khan würde also nicht seine indischen Fans verprellen.

Und ein Beinah-Namensvetter von Shah Rukh Khan, ein gewisser Oliver Kahn, taugt in Indien auch als Werbefigur: sein Abschiedsspiel im Mai 2008 fand im mit 120.000 Fans ausverkauften Salt-Lake-Stadion von Kalkutta statt. Am Dienstag kickte Bayern München gerade in Neu-Delhi gegen die indische Nationalmannschaft.

Seinen Silvesterabend verbrachte Khan in einem Nachbaremirat von Katar, in Dubai. Das ist jenes Land, in dem Diego Maradona als Trainer und Ex-Bundesliga-Star Grafite als Spieler wirken. Am Silvesterabend twitterte Khan dann: "Etwas anderes bringt das neue Jahr: um Mitternacht spiele ich Fußball mit meiner Tochter."

Größer als Elvis, Madonna und Philipp Lahm zusammen

Kurz danach musste er aber seine Fans von der Rippenverletzung unterrichten. Ein Rückschlag? Wirds nix mit Khans Projekt, bedeutendster Popstar des Globus zu werden? Größer als Elvis, Michael Jackson, Lady Gaga, Philipp Lahm und Madonna zusammen?

Kein Problem. Eine Sportverletzung ist keine Schande, und erst durch die, sagen wir: Schmerzen, die Khan erlitt, entstand ja eine Meldung für die Weltpresse daraus. Zudem ist ja nicht geplant, dass der mittlerweile 46-jährige Khan noch mal ein richtiger Fußballer wird, den man in einer der besseren Profiligen der Welt noch überzeugender auflaufen lassen könnte als den Sohn von Gaddafi.

Es geht vielmehr um einen Imagetransfer, den der Sport jedem bietet, der sich auf ihn einlässt – und dabei nicht als völliger Trottel erscheint. Wenn Barack Obama in Schlabberhosen Basketball spielt und anschließend Dirk Nowitzki abschlägt, gelingt so ein Transfer. Auch Gerhard Schröder hoppelte gerne über Fußballplätze, um vom schönen Image des Sports zu profitieren.

Filmstars wie Tom Hanks, Kevin Costner, Robert De Niro oder Will Smith verdienen nicht nur an den Baseball- oder Boxrollen, die sie gespielt haben, sondern auch der Eindruck, sie würden diese Sportarten wirklich gut beherrschen, ist für sie von Vorteil. Das gilt auch für den Fußball, wie die Mega-Giga-Karrieren von Nora Tschirner ("FC Venus") Peter Lohmeyer ("Das Wunder von Bern") oder auch von Keira Knightley ("Kick it like Beckham") bezeugen.

Bayern München wollte auf seiner jüngsten Asientournee den Fußball nach Indien bringen. Shah Rukh Khan beweist aber, dass man mit dem Fußball auch Indien in die Welt exportieren kann.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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