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Archiv-Artikel

WASG-Spitze wirbt und droht

Bundeschef Klaus Ernst fordert aufmüpfigen Berliner Landesverband zum Einlenken auf – und schließt einen Parteiausschluss nicht aus, falls die Basis das Wahlbündnis mit der PDS verweigert. In Mecklenburg-Vorpommern droht der nächste Querschlag

AUS BERLIN ASTRID GEISLER UND UWE RADA

Aus Sicht der Fusionsstrategen hätten die Beschlüsse des aufmüpfigen Berliner WASG-Verbandes kaum schlimmer ausfallen können. Auf dem Chaosparteitag am Wochenende setzten sich die Gegner des Bündnisses mit der PDS durch. Doch die Parteispitzen von Wahlalternative und PDS bauen weiter auf ein Einlenken der Quertreiber in der Hauptstadt. Sanktionen werde es zunächst nicht geben, sagte der WASG-Bundesvorsitzende Klaus Ernst gestern der taz. Der Parteivorstand habe sich verständigt, zunächst Gespräche mit der Landesspitze zu führen.

„Wenn reden nichts hilft, müssen wir über Konsequenzen nachdenken“, sagte Ernst. Als letzten Schritt könne er eine Spaltung der Berliner WASG nicht ausschließen. Seine Partei werde „alles daran setzen“, dass WASG und PDS bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus nicht gegeneinander antreten.

Laut einem WASG-Sprecher hofft die Parteispitze weiter „auf die Vernunft vieler Mitglieder“ in Berlin. Hinter der höflichen Formulierung verbirgt sich ein unmissverständlicher Appell. Die Berliner WASG-Basis soll bei der angekündigten Urabstimmung den Konfrontationskurs des eigenen Landesverbandes boykottieren und doch noch für eine Liste mit der PDS votieren.

Auch Bodo Ramelow, Fusionsstratege und Fraktionsvize der Linkspartei im Bundestag, machte gestern Druck auf die WASG-Mitglieder in der Hauptstadt. „Niemand hat das Recht, aus einer Minderheitenposition heraus das Wahlergebnis der Bundestagswahl kaputtzumachen“, sagte er. Bei einem Berliner Alleingang sei eben diese Gefahr jedoch gegeben. Bedroht sei nicht nur der Fraktionsstatus im Bundestag, so Ramelow. Auch für Anfechtungen der Bundestagswahl würde ein Gegeneinander von WASG und PDS bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus neue Munition bieten. Sein Fazit: „Es wird in Deutschland keine konkurrierenden Wahlantritte geben. Das ist definitiv.“

Das heißt: Sollte die Berliner WASG-Basis bei der Urabstimmung nicht mehrheitlich vom Konfrontationskurs ablassen, bliebe der Partei kaum eine Alternative, als sich zumindest von einem Teil ihrer Berliner Mitstreiter zu verabschieden.

Zumal die Berliner PDS-Spitze gestern mit deutlichen Worten den Kurs der potenziellen Bündnispartner in der Hauptstadt kommentierte. Seine Partei wolle sich nicht „von Sektierern vorführen“ lassen, sagte der designierte Berliner PDS-Vorsitzende Klaus Lederer. Er rechne damit, dass es bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus „WASG-Vertreter auf unserer Liste geben wird“. Mit den Akteuren, die sich am Wochenende in der Berliner WASG durchgesetzt hätten, werde ein Wahlpakt „kaum möglich sein“. Der Berliner WASG gehe es derzeit weniger um Politik als um „ideologische Selbstvergewisserung und das Kommentieren einer als ungerecht empfundenen Welt“. Vertrauensvolle Zusammenarbeit klingt anders.

Schon in wenigen Tagen droht den linken Fusionisten in den Chefetagen von WASG und PDS ein neuer Querschlag. Die WASG-Basis in Mecklenburg-Vorpommern hat bereits darüber befinden dürfen, ob sie angesichts des „neoliberalen Kurses“ der PDS-SPD-Landesregierung in Schwerin lieber im Alleingang zur Landtagswahl antreten will. Das Ergebnis wird am Wochenende veröffentlicht.

Nicht unbedingt der perfekte Auftakt für die bevorstehenden Landtagswahlkämpfe in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Sollten die öffentlichen Querelen weitergehen, warnt der PDS-Fusionsstratege Ramelow, „darf man sich nicht wundern, wenn man als politikunfähig eingestuft wird“.

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